Der Chef des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, hat seinen dreitägigen Besuch im Jemen abgeschlossen. Im Anschluss daran sprach er am Dienstag von einer «humanitären Katastrophe» vor Ort.
Maurer forderte, dass Notfallnahrung, Wasser und Medikamente im krisengeplagten Land endlich frei verteilt werden sollten. Zudem rief er die verfeindeten Parteien zu Friedensverhandlungen auf.
«Die humanitäre Lage vor Ort ist schlicht katastrophal», liess sich Maurer in einem IKRK-Communiqué zitieren. Alle Familien im Jemen seien vom Konflikt betroffen. «Die Welt sollte endlich die Augen öffnen, um die schreckliche Situation zu erfassen.»
Die schweren Kämpfe sowie die Importbeschränkungen haben laut Maurer «dramatische Folgen» für die Gesundheit der Bevölkerung. Die sanitären Anlagen seien weitgehend zerstört worden. «All dies kann nicht so weitergehen.» Der Jemen werde zusammenbrechen. «Wir müssen mehr tun.»
Blutiger Konflikt
Bei den Kämpfen im Jemen kamen nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schon über 4300 Menschen ums Leben, ein Grossteil davon Zivilisten. Eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition geht in dem Land gegen die schiitischen Huthi-Rebellen vor.
Seit Januar ist das IKRK eine der wenigen vor Ort gebliebenen internationalen Hilfsorganisationen im Jemen. Seither seien mehr als zwei Millionen Menschen mit Wasser versorgt worden, hiess es im Communiqué. Zudem leistete das Rote Kreuz Nothilfe für über 100’000 Menschen.
Hungersnot betrifft vor allem Kinder
Auch die UNO warnt vor einer rapiden Verschlechterung der Versorgungslage. Besonders die Situation von rund 850’000 Kindern in dem Konfliktgebiet, die von schwerer Unterernährung betroffen seien, sei zutiefst «alarmierend». Dies sagte die Verantwortliche für ein Recht auf Nahrung, Hilal Elver.
Die UNO geht davon aus, dass schon in wenigen Wochen 1,2 Millionen Kinder von Mangelernährung betroffen sind, wenn der Konflikt weiterhin auf dem aktuellen Niveau ausgetragen wird. Elver kritisierte dabei, dass die Luftangriffe der internationalen Militärkoalition auch immer wieder Märkte und Versorgungstransporte treffen.
Zivilisten aushungern zu lassen, könne als «Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit» eingestuft werden.