Die Schweizer Richter und Strafverfolgungsbehörden haben im vergangenen Jahr insgesamt 105’678 Urteile verhängt, das sind 9,8 Prozent mehr als im Jahr 2011. Wie das Bundesamt für Statistik (BFS) mitteilte, entspricht dies einem neuen Höchstwert.
Verantwortlich für den Anstieg war in erster Linie der Kriminaltourismus. Die Schweizer Richter und Staatsanwälte hatten im vergangenen Jahr deutlich mehr Kriminaltouristen vor sich als noch im Jahr 2011: 41,5 Prozent der Verurteilten, die wegen Vermögensdelikten vor Gericht standen, hatten keinen festen Wohnsitz in der Schweiz. Dies entspricht einem Anstieg um 47,3 Prozent gegenüber 2011.
Auch beim Drogenhandel machen Ausländer ohne B- oder C-Ausweis, also ohne Aufenthaltserlaubnis und Niederlassungsbewilligung, mittlerweile einen grossen Teil der Verurteilten aus: Im Jahr 2012 gehörten bereits 44,7 Prozent der Täter dieser Personengruppe an, ein Anstieg von 41,2 Prozent innert Jahresfrist.
Kriminaltouristen lassen aber nicht nur die Urteils-Zahlen bei Vermögens- und Betäubungsmitteldelikten steigen, sondern auch die Verurteilungen in anderen Bereichen. Neben Verstössen gegen das Ausländergesetz richten sie bei ihrer Tätigkeit meist auch Sachschaden an, begehen Hausfriedensbruch und danach Hehlerei.
Jedes zweite Urteil wegen eines Verkehrsdeliktes
Zum neuen Höchstwert trugen mehr Urteile bei ausnahmslos allen Gesetzen bei. Verhältnismässig gering war einzig das Wachstum bei den Urteilen wegen Verkehrsdelikten. Sie verzeichneten ein Plus von «nur» 3,7 Prozent, machen aber seit Jahren rund die Hälfte aller Urteile aus.
Mehr unbedingte Freiheitsstrafen
Eine deutliche Veränderung gab es bei den verhängten Sanktionen: Die Richterinnen und Richter setzten im vergangenen Jahr vermehrt auf kurze, unbedingte Freiheitsstrafen von bis zu einem Monat.
Im Jahr 2012 wurden in 1427 Fällen solche Strafen ausgesprochen, was einem Anstieg von stolzen 69,7 Prozent entspricht. Wie eine Sprecherin des BFS auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte, begann dieser Trend bereits im Jahr 2011. Im vergangenen Jahr sei er nun weitergegangen.
Auch die Zahl der längeren, unbedingten Freiheitsstrafen stieg mit einem Plus von 36,5 Prozent deutlich an. Am häufigsten wird aber nach wie vor die Geldstrafe verhängt. Im vergangenen Jahr war dies 90’454 Mal der Fall, was 85,6 Prozent aller Urteile entspricht.
Gemeinnützige Arbeit wird von den Richtern nur noch selten als angemessene Bestrafung angesehen: Die Zahl dieser Urteile fiel auf 2865, was einem Rückgang von 10 Prozent entspricht.