Der Bözberg im Kanton Aargau berge geologische Risiken und sei daher für ein Atomendlager nicht geeignet. Der Standortvorschlag der Nagra sei übereilt, teilte der Verein «Kein Atommüll im Bözberg» (KAIB) am Freitag in einer Stellungnahme mit.
Der Bözberg befinde sich in einer Region, in welcher der höchste geothermische Wärmefluss in der Schweiz registriert worden sei. Dieser hohe Wärmefluss zeige sich in den Mineral- und Thermalquellen. Dazu kämen grosse Grundwasservorkommen und die Oberflächengewässer im Einzugsgebiet des Bözberges.
Das Endlager führe zu einem Imageschaden bei der nachhaltigen Landwirtschaft und dem Weinbau, hält der Verein fest. Es führe auch zu erheblichen Konflikten beim Natur- und Umweltschutz.
«Über die Köpfe der Direktbetroffenen hinweg soll der Region ein Atommüll-Endlager aufgedrängt werden», schreibt KAIB. Der Verein KAIB wurde vor fünf Jahren gegründet und zählt nach eigenen Angaben 600 Mitglieder.
Bözberg als «Atommüllhalde der Schweiz»
Die Gegner eines Atomendlagers im Gebiet Jura-Südfuss reagierten mit Erleichterung darauf, dass die Nagra dieses Gebiet zurückstellte. Für den Aargau sei der Entscheid für den Bözberg jedoch ein unheilvolles Geschenk, teilte die Gruppe «Kein Atommüll im Ballungsgebiet Aarau-Lenzburg-Zofingen!» mit.
Mit dem Verzicht auf die Standorte Jura-Südfuss und Nördlich Lägern erhöhe sich der Druck auf den Standort Bözberg. Der weniger dicht besiedelte und auch wirtschaftlich periphere Bözberg sei gefährdet, die «Atommüllhalde der Schweiz» zu werden.
Regionalkonferenz: «Keine Überraschung»
Der Entscheid der Nagra sei «keine Überraschung», betont die Regionalkonferenz Jura Ost, ein Begleitgremium, in einer Stellungnahme. Die grundsätzliche Eignung des geologischen Standortgebiets für ein Tiefenlager sei in der ersten Etappe des Verfahrens von allen Expertengremien bestätigt worden.
Die Regionalkonferenz Jura Ost wartet nach eigenen Angaben gespannt auf die Ergebnisse der Expertengremien, die den Vorschlag der Nagra begutachten werden.
Niemand wolle ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle von seiner Haustür, auch die Region Bözberg nicht. Entscheidend sei, dass das Lager am sichersten Standort gebaut werde. Das sei möglich, wenn sich alle Beteiligten an die Spielregeln halten würden, die das Verfahren vorgebe.
Unter diesen Bedingungen werde sich die Region Jura Ost weiterhin kritisch-konstruktiv am Sachplanverfahren beteiligen. Man hoffe auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Kanton.
Kritik und Lob für Regierung
Auch politische Parteien meldeten sich zu Wort. «Dass sich die Nagra auf den Standort Bözberg fokussiert, hat nichts mit Risikoabwägung zu tun, sondern mit der Willfährigkeit unserer atomfreundlichen Regierung», wird Co-Präsidentin Elisabeth Burgener in einer Medienmitteilung zitiert. Die Nagra wolle den Aargau «endgültig zum Atomkanton» machen.
Die FDP sieht die Entsorgung radioaktiver Abfälle auf Kurs. Man schulde es der nächsten Generation, dass das Abfallproblem gelöst werde. Die FDP lobte die «pragmatische Haltung des Regierungsrates».