Im Streit um Frauenpower in der EZB kommt es zum Showdown

Im Kampf zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten um mehr Frauenpower und die Berufung des Luxemburgers Yves Mersch in die Europäische Zentralbank (EZB) kommt es zum Showdown mit offenem Ausgang.

Turbulenzen um die Besetzung der EZB-Spitze (Archiv) (Bild: sda)

Im Kampf zwischen EU-Parlament und Mitgliedsstaaten um mehr Frauenpower und die Berufung des Luxemburgers Yves Mersch in die Europäische Zentralbank (EZB) kommt es zum Showdown mit offenem Ausgang.

Der einflussreiche Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments lehnte den 63-jährigen Mersch am Montagabend als sechsten Mann an der Spitze der EZB ab und beharrte auf seiner Forderung nach einer weiblichen Kandidatin. Am Donnerstag stimmt das Plenum über das Thema ab.

EU-Ratspräsident van Rompuy äusserte am Dienstag „Verständnis“ für das negative Votum des Ausschusses. Die Gleichstellung vom Männer und Frauen sei als Ziel im EU-Vertrag festgeschrieben, sagte der Belgier vor dem Plenum.

Dennoch seien Frauen vor allem im Bereich Finanzen und Wirtschaft in den EU-Organen stark unterrepräsentiert. Er habe daher vergangene Woche beim EU-Gipfel an die Staats- und Regierungschefs appelliert, mehr Frauen zu nominieren.

Die Regierungen der Eurozone hatten für den Spitzenposten in der EZB keine Frau vorgeschlagen, obwohl dies der Wirtschaftsausschuss des Europaparlaments bereits im Mai ausdrücklich gefordert hatte.

Wechsel erst 2018

Derzeit sind alle sechs Mitglieder des EZB-Direktoriums Männer, genau wie die Notenbankchefs aus den 17 Euroländern, die den Gouverneursrat der EZB bilden. Der nächste turnusmässige Wechsel in den beiden Spitzengremien steht erst 2018 an.

Mehrere Abgeordnete äusserten sich enttäuscht über den Auftritt van Rompuys. „Wir wollen heute eine Frau im EZB-Direktorium, nicht erst 2018“, betonte die deutsche Grüne Rebecca Harms. „Wir erwarten von Ihnen ein Engagement“, sagte der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, der Österreicher Hannes Swoboda, an die Adresse des EU-Ratspräsidenten.

Die Feststellung, es gebe nicht genug Frauen in EU-Spitzenpositionen, reiche nicht. Das Parlament verlange eine Zusage, die habe es nicht bekommen. Im Übrigen habe ihn Mersch bei seiner Anhörung auch „inhaltlich“ enttäuscht, sagte Swoboda.

Frage bleibt unbeantwortet

Der Luxemburger hatte vor dem Ausschuss mehrmals unterstrichen, oberste Aufgabe der EZB sei der Kampf gegen die Inflation. Auf Fragen, ob er bereit sei, auf seine Kandidatur zu verzichten, um den Weg für eine weibliche Kandidatin freizumachen, ging er nicht ein.

Im Ausschuss versicherten zwar mehrere Abgeordnete, Merschs Kompetenz werde nicht in Frage gestellt. Viele Parlamentarier äusserten sich aber erbost über die Finanzminister der Eurozone, die die Forderung nach einer weiblichen Kandidatin ignoriert hatten.

Bei der Abstimmung sprachen sich 20 Abgeordnete gegen die Ernennung des Luxemburgers aus, 13 stimmten für Mersch. Zwölf Ausschussmitglieder, darunter vor allem Christdemokraten, enthielten sich der Stimme.

Am Donnerstag stimmt das Plenum über die Ernennung Merschs ab. Der Ausgang gilt als offen. Das Europaparlament muss zu der Frage zwar Stellung nehmen, die EU-Staaten können sich aber über das Votum hinwegsetzen.

Als abgeschlossen gilt die Anhörung erst durch ein gültiges Plenumsvotum. Beharren die Vorkämpfer der Frauen auf eine Verschiebung, bliebe die Personalfrage auf Eis gelegt. Dabei ist der Posten seit Ende Mai unbesetzt.

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