Immer mehr Staaten rücken laut Amnesty International weltweit von der Todesstrafe ab. Von den 193 Mitgliedsländern der Vereinten Nationen liessen im vergangenen Jahr nur noch 20 Staaten Todesurteile vollstrecken, ein Drittel weniger als noch vor zehn Jahren.
Allerdings gibt es immer noch mindestens 676 Hinrichtungen weltweit, wie aus dem Jahresbericht von Amnesty International zur Todesstrafe hervorgeht, der an diesem Dienstag veröffentlicht wird. Die tatsächliche Zahl liegt vermutlich sogar viel höher.
Allein in China wurden höchstwahrscheinlich auch im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen hingerichtet als im gesamten Rest der Welt. Genaue Zahlen aus der Volksrepublik gibt es allerdings nicht. Die Statistiken werden dort als Staatsgeheimnis behandelt.
Amnesty verzichtet deshalb für China auf jede genauere Schätzung. Andere Organisationen wie die amerikanische Dui Hua Stiftung vermuten, dass dort pro Jahr noch etwa 4000 Todesurteile vollstreckt werden. Einig ist man sich jedoch darin, dass die Zahl der Hinrichtungen auch in der Volksrepublik zurückgegangen ist.
Iran an zweiter Stelle
Auf Platz zwei der globalen Todesstrafen-Statistik liegt der Iran, wo mindestens 360 Menschen von Staats wegen getötet wurden – unter anderem wegen Ehebruchs, Homosexualität und Abfalls vom islamischen Glauben. Nach Einschätzung von Amnesty liegt die tatsächliche Zahl vermutlich doppelt so hoch. Der Iran gehört auch zu den wenigen Ländern, wo Menschen noch in der Öffentlichkeit gehenkt werden.
Mehrere Dutzend Hinrichtungen wurden auch aus Saudi-Arabien (mindestens 82) gemeldet, dem Irak (mindestens 68), den USA (43), dem Jemen (mindestens 41) und Nordkorea (mindestens 30). Die USA waren vergangenes Jahr die einzige grosse Industrienation mit Hinrichtungen. Japan verzichtete erstmals seit zwei Jahrzehnten darauf.
In Europa vollstreckt nur noch ein einziges Land die Todesstrafe: Weissrussland. Dort wurden vergangenes Jahr zwei Hinrichtungen gezählt. Erst in diesem Monat wurden dort wieder zwei Männer erschossen. Sie waren in einem höchst umstrittenen Prozess für schuldig befunden worden, hinter einem Bombenanschlag in der U-Bahn von Minsk mit mindestens 15 Toten zu stecken.