In allen Wipfeln spürest du

Nach den Pinguinen widmet sich der oscarprämierte Filmemacher Luc Jacquet nun den Bäumen: In den unwegsamen Wipfeln des Regenwaldes. Luc Jacquet lüftete mit der «Reise der Pinguine» eines der bestgehüteten Geheimnisse der Natur. Im ewigen Eis portraitierte er das Durchhaltevermögen der unglaublich anpassungsfähigen Gattung der Pinguine, die jeder Wetterlage trotzen. Dafür wurde er mit einem […]

Nach den Pinguinen widmet sich der oscarprämierte Filmemacher Luc Jacquet nun den Bäumen: In den unwegsamen Wipfeln des Regenwaldes.

Luc Jacquet lüftete mit der «Reise der Pinguine» eines der bestgehüteten Geheimnisse der Natur. Im ewigen Eis portraitierte er das Durchhaltevermögen der unglaublich anpassungsfähigen Gattung der Pinguine, die jeder Wetterlage trotzen. Dafür wurde er mit einem Oscar belohnt. Jetzt hat er sich in ein nicht minder unwegsames Gebiet gewagt: In die Wipfel der Regenwaldes.

Dort trifft er auf der nicht weniger strapaziösen Reise noch geheimnisvollere Anpassungskünstler als es die watschelnden «Zugvögel» des Südpols waren. Die Urbäume des Regenwaldes sind eine noch viel beeindruckendere Gattung. Was sie an Anpassung leisten, übersteigt unsere Zeitgefühl und zeigt: Über den Wipfeln ist keineswegs Ruh. Jacquet lädt zu einem Wunder der natürlichen Ordnung ein. In den Baumkronen der Schöpfung.

Francis Hallé als lebendiger Partner

Jacquet rekonstruiert mit dem Botaniker Francis Hallé jenes Jahrtausend, welches erforderlich ist, bis sich nach einem Kahlschlag in einem ökologischen Gleichgewicht wieder Urwald bildet. Im Zeitraffer lässt er die Bäume sich über Jahrhunderte vom Menschen erholen, begleitet deren Bewohner, stellt uns deren Untermieter vor, folgt deren wechselseitigem Kampf um Anpassung in die Brutstätte der Artenvielfalt.

Francis Hallé ist mit seiner unaufdringlichen Neugier der einzige Mensch, der in der Baumwelt Jacquets auftaucht, bei den Wurzeln, an den Stämmen, in den Kronen. Er steht für die Demut, mit der die Baumriesen der Anpassung uns erfüllen.

So wuchtig die Bilder auch sind – sie erschlagen uns nicht. Ebenso behutsam folgt Bruno Ganz mit seiner Kommentarstimme den Eindringlingen in die Urwälder von Peru (Manú) und Kongo (Gabun).

Die Kronen der Schöpfung

Dabei begleitet Luc Jacquet den Botaniker Hallé bis hinauf in die Wipfeldächer. Dort oben gelingen ihm Bilder, die uns den Baum als höhere Form der Entwicklung nahe bringen: Als verästeltes Gehirn des diffizilen Gleichgewicht der Evolution. Dort oben, wo wir einst hausten, können jederzeit neue Lebensformen entstehen. Einst war es für den Menschen kein Leichtes, in die Kronen zu kommen. Die Kronen zu erhalten wird für den Menschen wesentlich schwerer sein. 

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