In Eritrea drohen noch immer «Haft und Folter»

Eritrea hat die Hoffnungen auf eine Öffnung enttäuscht, die der Bund 2015 hatte. «Die Öffnung hat nicht stattgefunden», sagte Mario Gattiker, Staatsekretär für Migration. Geflüchtete Eritreer «müssen bei einer Rückkehr schlimmstenfalls mit Haft und Folter rechnen».

Eine Migrationspartnerschaft mit Eritrea dürfte wohl Illusion bleiben. «Der Dialog ist noch nicht an einem Punkt, an dem eine Vertiefung möglich wäre», formulierte es der Staatssekretär für Migration, Mario Gattiker, im Interview mit «Tages-Anzeiger» und «Bund» diplomatisch. (Archiv) (Bild: sda)

Eritrea hat die Hoffnungen auf eine Öffnung enttäuscht, die der Bund 2015 hatte. «Die Öffnung hat nicht stattgefunden», sagte Mario Gattiker, Staatsekretär für Migration. Geflüchtete Eritreer «müssen bei einer Rückkehr schlimmstenfalls mit Haft und Folter rechnen».

Dies drohe nach wie vor Eritreern, «die illegal ihr Land verlassen haben oder aus dem Nationaldienst geflüchtet sind». Eritrea hatte 2015 angekündigt, es wolle den Nationaldienst auf 18 Monate beschränken.

Doch «Eritrea hat die Befristung des Nationaldiensts offiziell zurückgenommen», sagte Gattiker im Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Bund» vom Montag. Der Nationaldienst in Eritrea kann zuweilen Jahre oder gar Jahrzehnte dauern.

Ernüchterung

Eine zweiwöchige Erkundungsreise im März diesen Jahres von Asylexperten des Staatssekretariats für Migration (SEM) brachte weitere Ernüchterungen. Die Experten sollten im Auftrag des Bundes «prüfen, ob es möglich ist, die Migrationszusammenarbeit mit Eritrea zu verbessern».

Doch «der Dialog ist noch nicht an einem Punkt, an dem eine Vertiefung möglich wäre. Nach wie vor fehlen auch Belege für eine verbesserte Menschenrechtslage», erklärte Gattiker.

Im vergangen Jahr hatte Eritrea die Anti-Folter-Konvention der UNO unterzeichnet. Doch ob sich das Land daran auch hält, konnten die beiden Schweizer und ein mitgereister deutscher Experte nicht überprüfen, denn der Zutritt zu Militäranlagen und Gefängnissen blieb ihnen verwehrt. Zudem wurden die Asylexperten auf Schritt und Tritt von Vertretern der eritreischen Regierung begleitet.

Andere Asylpraxis möglich

Dennoch konnten die SEM-Leute in Eritrea «sehr breit Informationen» sammeln, sagte Gattiker. «Die Erkenntnisse, etwa über den Zustand der Wirtschaft oder des Bildungssystems, sind (…) eine wichtige Ergänzung für das Gesamtbild», sagte Gattiker und fügte an: «Ich kann heute gewisse Anpassungen der Asylpraxis nicht ausschliessen.»

Zwar habe sich beim Nationaldienst nichts geändert. Änderungen könnte es aber bei der illegalen Ausreise geben. «Wir überprüfen, ob Rückkehrer, die illegal aus Eritrea ausgereist waren, nach wie vor drakonische Strafen riskieren.»

Was ist eine exzessive Strafe?

Gattiker warnte vor grossen Erwartungen. Zwar treibe auch die «wirtschaftliche Perspektivlosigkeit» neben der Menschenrechtslage junge Eritreer aus dem Land. «Asylrechtlich ist jedoch entscheidend, dass Rückkehrer eine exzessive Bestrafung riskieren.» Dennoch prüfe das SEM im Auftrag des Bundesrates, unter welchen Bedingungen Rückschaffungen möglich seien.

Gattiker äussert sich erstmals öffentlich über die Ergebnisse der Fact-Finding-Mission des SEM. Im Februar hatte das SEM relativ offen eine Reise von fünf Politikern – vier Mitglieder des Nationalrats und die grüne Aargauer Regierungsrätin Susanne Hochuli – nach Eritrea kritisiert.

Die Politiker waren privat auf Einladung des Honorarkonsuls Toni Locher nach Eritrea gereist. Die Politiker forderten danach unter anderem eine Migrationspartnerschaft.

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