Im Jubiläumsjahr soll alles besser werden. Das Team Sauber will sich in seiner 25. Saison in der Formel 1 wieder im Mittelfeld positionieren. Ein sehr ambitioniertes Ziel.
Der jahrelange Kampf am finanziellen Abgrund gehört der Vergangenheit an. Die im vergangenen Juli abgeschlossene Übernahme der Sauber Holding AG, in die auch die Sauber Motorsport AG eingegliedert ist, durch die Waadtländer Investment-Firma Longbow Finance SA im Auftrag der schwedischen Industriellenfamilie Rausing hat im und rund ums Werk in Hinwil Ruhe einkehren lassen. Das Team Sauber hat wieder Perspektiven – sportlich und wirtschaftlich.
Revidierte Ziele
Die solide Basis hat den Verantwortlichen erlaubt, die Ziele für die neue Saison in der Formel 1 zu revidieren. CEO und Teamchefin Monisha Kaltenborn sieht dank der neuen Besitzerin «künftig grosse Möglichkeiten, um wieder konkurrenzfähig zu sein». Gemäss der Österreicherin mit indischen Wurzeln sind die ersten Schritte eingeleitet, um sich gegenüber der Konkurrenz wieder besser zu positionieren. Kaltenborn gibt sich unmissverständlich. «Wir müssen uns deutlich verbessern.» Die Ressourcen sollen die Grundlage bieten, das neue Auto im Laufe der Saison weiterentwickeln zu können. «Das wird wichtig sein, um uns im Mittelfeld etablieren zu können.»
Wegen den drastischen Änderungen im Reglement musste der neue Wagen von Grund auf neu konzipiert werden. Keine neue Errungenschaft ist einzig der Antrieb. Das von Ferrari zur Verfügung gestellte Aggregat entspricht der letzten Entwicklungsstufe der vergangenen Saison. Der Entscheid für den Einsatz des Vorjahresmodells wurde im Sinne einer perfekten Planung für den Bau des C36 gefällt.
Der eingesetzte Antriebs-Typ bot den Technikern den Vorteil, die Abmessungen von Motor und Getriebe und die Anforderungen ans Kühlungssystem von Anfang zu kennen. In Bezug auf die Leistungsfähigkeit sieht der Technische Direktor Jörg Zander keine grossen Nachteile. Der Deutsche sieht in der älteren Version vorab «ein bewährtes System mit höherer Standfestigkeit».
Die ausgedehnte Einsatzzeit stand beim Bau des Antriebsstrangs ohnehin im Vordergrund, zumal in diesem Jahr die gemäss Reglement erlaubte Anzahl von fünf auf vier reduziert wurde. Betreffend Zuverlässigkeit hat das neue Auto bei den Testfahrten in Montmeló wie erhofft überzeugt, wogegen es betreffend Speed noch Wünsche offen lässt. Die Standfestigkeit könnte vor allem zu Beginn der Saison zum Trumpf werden im Kampf mit den Teams, die sich in dieser Hinsicht bei den Vorbereitungsfahrten noch schwer getan haben. Am Freitag nach den ersten freien Trainings für den Grand Prix von Australien in Melbourne werden sie in Hinwil ein erstes Mal die Gewissheit haben, ob die Realität mit den Ansprüchen Schritt zu halten vermag.
Longbow, Rausing, Ericsson
Dass Marcus Ericsson seinen Platz als Fahrer bei Sauber hat halten können, ist logisch. Der Schwede kann in seiner Heimat seit Jahren auf die Unterstützung der Familie Rausing zählen, den Erben von Ruben Rausing, dem 1983 verstorbenen Gründer des Verpackungsimperiums Tetra Pak – und den im Hintergrund gebliebenen neuen Entscheidungsträgern in Hinwil.
Im Gegensatz zu Ericsson wurde Felipe Nasr im Zürcher Oberland nicht weiterbeschäftigt. Der Brasilianer musste nach zwei Jahren für Pascal Wehrlein Platz machen. Der Deutsche aus dem Förderprogramm von Mercedes hatte in der vergangenen Saison als Fahrer des mittlerweile bankrott gegangenen Teams Manor in der Formel 1 debütiert. Für Wehrlein war Sauber nicht erste Wahl gewesen. Er hatte sich vorerst bei Force India und dann, nach dem überraschenden Rücktritt von Weltmeister Nico Rosberg, auch bei Mercedes Chancen auf eine Anstellung ausgerechnet.
Die erste Phase als Angestellter des Teams Sauber stand für Wehrlein unter einem schlechten Stern. Wegen Rückenproblemen, Folgen eines Unfalls im Januar in Miami bei der Show-Veranstaltung «Race of Champions», verpasste er den ersten Teil der Testfahrten in Montmeló vor den Toren von Barcelona – und damit einen Teil der zur Verfügung stehenden Zeit, um sich ans neue Auto zu gewöhnen.