Flüchtlingsströme, Terrorismus und Kriege verunsichern die Bevölkerung. Nie haben Schweizerinnen und Schweizer die weltpolitische Lage in den letzten Jahren so düster eingeschätzt wie heute. Mit der Unsicherheit wächst die Bedeutung der Armee.
Zu diesem Schluss kommt die Studie «Sicherheit 2016» der Militärakademie und des Center for Security Studies der ETH Zürich, die am Freitag in Bern vorgestellt worden ist. Gemäss der Umfrage glauben drei Viertel der Befragten, dass die weltpolitische Lage in den nächsten fünf Jahren düsterer und angespannter wird. Noch vor zwei Jahren hatte die Mehrheit optimistisch in die Zukunft geblickt.
Sicherheit statt Freiheit
Als mögliche Gründe für den wachsenden Pessimismus nannte Projektleiter Thomas Ferst den Krieg in der Ukraine, die Flüchtlingskrise in Europa und die erhöhte Terrorgefahr. Die Studie zeigt auch, wie tief die Verunsicherung geht.
Laut Ferst ist erstmals eine Mehrheit bereit, zu Gunsten der Sicherheit auf persönliche Freiheiten zu verzichten. Zwei Drittel der Befragten würden Einschränkungen ihrer persönlichen Freiheit hinzunehmen, damit der Terrorismus «mit allen Mitteln» bekämpft werden kann.
Teils drastische Massnahmen zur Stärkung der inneren Sicherheit finden immer mehr Zustimmung. So sind 62 Prozent der Befragten dafür, dass Personen auf blossen Verdacht hin, dass sie eine Tat planen, verhaftet und eingesperrt werden können. Mehr als vier Fünftel befürworten das Sammeln von Daten über Verdächtige, die Aufstockung der Polizei und den Einsatz der Armee zur Sicherung von Ruhe und Ordnung.
Neues Ansehen
Die Armee spielt eine wichtige Rolle für die verunsicherte Bevölkerung. Das Vertrauen ist von 6 Punkten auf einer Zehnerskala im Jahr 2011 auf 6,7 Punkte geklettert. Am meisten Vertrauen geniesst die Polizei mit 7,9 Punkten. 84 Prozent der Stimmbevölkerung halten die Armee für «unbedingt notwendig».
Bemerkenswert ist der Imagewandel, den das Militär gemäss der Studie bei den 20- bis 29-Jährigen durchgemacht hat. 1990 hatten nur 36 Prozent der Jungen die Armee für unbedingt notwendig gehalten, inzwischen sind es 74 Prozent.
Nach den Aufgaben der Armee befragt, nennt gut ein Drittel als erstes die Unterstützung ziviler Behörden. Für mehr als die Hälfte steht die Verteidigung an erster Stelle. Friedensförderung fällt kaum jemandem als erstes ein. Nur eine Minderheit ist der Meinung, dass zu viel Geld für die Armee ausgegeben wird.
Engagement ohne Einbindung
Einen hohen Stellenwert hat auch die Neutralität. 95 Prozent der Befragten befürworten das Prinzip. Nur noch 22 Prozent stimmen hingegen einem NATO-Beitritt zu. Die Zustimmung zu einem EU-Beitritt ist von 21 auf 16 Prozent gesunken.
Dennoch ist die grosse Mehrheit der Meinung, dass sich die Schweiz international stärker engagieren sollte. Zwei Drittel der Befragten finden, dass mehr Entwicklungshilfe geleistet werden müsste. Noch grösser ist die Zustimmung zur Vermittlung in internationalen Konflikten und zum Engagement bei internationalen Konferenzen.
Trotz des wachsenden Pessimismus‘ ist das allgemeine Sicherheitsempfinden hoch. Nur gerade 14 Prozent fühlen sich unsicher. Auch für die nahe Zukunft der Schweiz sind die meisten Befragten optimistisch. Die Umfrage wurde im letzten Januar durchgeführt. Dafür wurden 1211 Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in allen Sprachregionen befragt.