Mit Mahnwachen haben viele Menschen in Indien einer jungen Studentin gedacht, die vor einem Jahr an den Folgen einer brutalen Gruppenvergewaltigung gestorben war. In Neu Delhi versammelten sich mehrere Demonstranten und hielten Kerzen für die Verstorbene in den Händen.
Die 23-Jährige war am 16. Dezember 2012 in Neu Delhi in einem Bus von mehreren Männern vergewaltigt und misshandelt worden. Am 29. Dezember starb sie an ihren schweren Verletzungen. Ihr Schicksal hatte landesweite Proteste und eine Debatte über sexuelle Gewalt in Indien ausgelöst.
Die Angehörigen der jungen Frau begingen den Todestag am Sonntag nach den Riten des Hindu-Glaubens gemeinsam mit Nachbarn im Heimatdorf der Familie im Bundesstaat Uttar Pradesh.
Der Bruder der Studentin begrüsste die Reformen bei der Polizei und im Justizsystem des Landes, die seit dem Tod seiner Schwester auf den Weg gebracht wurden. Das sei allerdings nicht genug. «Wir denken, dass die Gesellschaft als Ganzes ihre Haltung ändern muss», sagte er.
Vier der Angreifer der jungen Frau waren im September wegen Vergewaltigung und Mordes schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden. Ein zur Tatzeit Minderjähriger wurde von einem Jugendgericht verurteilt. Der sechste mutmassliche Vergewaltiger wurde in seiner Zelle tot aufgefunden, er nahm sich offenbar das Leben.
Frauenrechtsgruppen räumen ein, dass die eingeleiteten Reformen, darunter eine deutliche Verschärfung der Strafen, viele Vergewaltigungsopfer ermutigt hätten, Täter anzuzeigen.
Zehnjähriges Mädchen als Opfer
Indes reisst in Indien der Strom von Nachrichten über Vergewaltigungen nicht ab. Die Nachrichtenagentur Press Trust of India berichtete erst am Samstag, dass die Polizei letzte Woche einen Krankenwagenfahrer festgenommen habe, der ein zehnjähriges Mädchen vergewaltigt haben soll, nachdem er dessen Mutter ins Spital gebracht hatte.
Am Freitag war der Fall einer 20-Jährigen bekannt geworden, die von mehreren Männern verschleppt und mehrfach vergewaltigt wurde. Gleich zwei Männergruppen hatten sich vor fünf Tagen in der südindischen Hafenstadt Puducherry an der jungen Frau vergangen.
Zwölf Männer waren deswegen am Sonntag weiter in Haft. Drei weitere Verdächtige würden gesucht, hiess es von der Polizei.