Die Luzerner Regierung will die Nutzung des Internets durch Staatsangestellte und ihren Pornokonsum am Arbeitsplatz unter die Lupe nehmen. Sie hat eine Administrativuntersuchung angeordnet. Sie reagiert auf publizierte Ergebnisse eines vertraulichen Berichts von 2010.
Gemäss der internen Studie, aus der erstmals der «SonntagsBlick» zitierte, waren nur 51,7 Prozent der Seitenaufrufe durch die Staatsangestellten geschäftlich. Jeder zwanzigste Klick habe auf harte Porno- und Gewaltseiten sowie Hacker-Foren geführt, hiess es.
Der Regierungsrat ordnete eine umfassende Aufarbeitung der Vorgänge rund um die Nutzung des Internets in der Staatsverwaltung an, wie er am Dienstag nach einer Sitzung mitteilte. Er will eine externe Fachperson mit einer Administrativuntersuchung beauftragen. Zudem sind Abklärungen durch das zuständige Finanzdepartement vorgesehen.
Die Regierung wolle Klarheit über die Situation und eine unvoreingenommene Darstellung der Vorgänge, sagte Regierungspräsident Reto Wyss auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Ziel sei es auch zu wissen, ob die richtigen Massnahmen ergriffen worden seien, um die damaligen Missstände zu korrigieren.
Regierung am Freitag informiert
Der Regierungsrat wolle das Vertrauen in die Mitarbeiter, von denen sich der Grossteil korrekt verhalte, und in den Regierungsrat wieder herstellen. Die Gesamtregierung sei von Finanzdirektor Marcel Schwerzmann am vergangenen Freitag über die Studie informiert worden – nach einer Rechercheanfrage des «SonntagsBlicks».
Laut Wyss wurde Schwerzmann 2010 mündlich über die Studienergebnisse informiert. Gemäss Informatik-Verordnung des Kantons fielen Internetnutzungsanalysen in die Zuständigkeit des Dienststellenleiters der Abteilung Informatik.
Ob es verhältnismässig war, dass Finanzdirektor Marcel Schwerzmann die Gesamtregierung 2010 nicht über die Studienergebnisse informiert hatte, ist unklar. Die Frage sei ebenfalls Gegenstand der Abklärungen, sagte Wyss.
Die Regierung will gegen die Herausgabe des vertraulichen Berichts vorgehen. Sie wird laut Mitteilung Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Amtsgeheimnisverletzung einreichen.
Publikation im Wahlkampf
Der Personenkreis, der in Besitz der Ergebnisse der Nutzeranalyse war, sei klein gewesen, sagte Wyss. Wie viele Personen neben dem damaligen Informatikchef eine Kopie gehabt hätten, sei aber nicht bekannt.
Die Veröffentlichung des vertraulichen Berichts fällt im Kanton Luzern mit dem Wahlkampf zu den Regierungsrats- und Parlamentswahlen Ende März zusammen. Der parteilose Finanzdirektor Marcel Schwerzmann tritt für eine dritte Amtszeit an.
Nach der jüngsten Indiskretion kommt die Dienststelle Informatik nicht aus den Schlagzeilen. Mitte Februar war bekannt geworden, dass sich der Informatikchef, der zur Zeit der nun publik gewordenen Nutzerstudie im Amt war, vor dem Luzerner Kriminalgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft wirft dem einstigen Kadermann wegen möglicher Annahme von Schmiergeldern in der Höhe von 323’000 Franken ungetreue Amtsführung, Vorteilsannahme sowie mehrfache Urkundenfälschung vor.
Seiten inzwischen blockiert
Der Regierungsrat nahm am Dienstag auch vage zum Inhalt der teils publizierten Studie Stellung. Ein grosser Teil der als «unproduktiv» bezeichneten Internetseiten würden Online-Informationsangebote wie Suchdienste und Medienseiten betreffen. Diese Nutzung sei zulässig, soweit sie geschäftlich bedingt sei oder in beschränktem Rahmen ausserhalb der Arbeitszeit stattfinde.
Daneben hält der Regierungsrat fest, dass seit 2010 Massnahmen ergriffen worden seien. 2014 wurde ein neuer Server in Betrieb genommen. Dieser blockiere unerwünschte Seiten mit sexistischen, pornografischen oder rassistischen Inhalten sowie schädlicher Software.
Für die Analyse untersuchte laut «SonntagsBlick» eine Informatikfirma 2010 während dreier Monate den gesamten Internetverkehr der Luzerner Verwaltung. Die Analyse stelle einen «sehr hohen Anteil» an «unproduktivem Verkehr» fest.
Kantonsangestellte hätten während der Arbeitszeit viel TV geschaut, Zahlungen erledigt, Dating-Seiten und Facebook besucht und private Ware ge- oder verkauft. Umgerechnet 500-mal pro Tag seien aus der Verwaltung Pornoseiten aufgerufen worden.