Nur wenige Minuten nach dem Startschuss für das erste staatsunabhängige Medium Kubas seit 50 Jahren ist die neue Digitalzeitung «14ymedio» zum Sabotage-Opfer geworden.
Besucher der von der international bekannten Bloggerin Yoani Sánchez ins Leben gerufenen Website www.14ymedio.com wurden am Mittwoch auf ein Portal mit regierungsfreundlichen Blog-Beiträgen und Schmähungen gegen die Dissidentin umgeleitet.
Dort wurden der «reichsten Kubanerin der Insel» politische und wirtschaftliche Motive vorgeworfen. Sánchez hatte angekündigt, dass ihre Internetzeitung eine «komplette Spannbreite von Nachrichten, Meinungskolumnen und Fakten über die Realität unserer Insel abdecken» werde.
Eine unabhängige Berichterstattung gab es in dem kommunistischen Karibikstaat bislang nicht. Von den übrigen kubanischen Medien, die seit den 1960er Jahren allesamt unter staatlicher Kontrolle stehen, wurde der neue Konkurrent zunächst komplett ignoriert.
Die erste Ausgabe von «14ymedio» enthielt unter anderem eine Reportage über die nächtliche Gewalt in der Hauptstadt Havanna sowie ein Interview mit dem oppositionellen Schriftsteller Angel Santiesteban.
Prominente erklären Solidarität
Ebenfalls veröffentlicht wurde eine Solidaritätserklärung von 28 Prominenten mit dem Projekt: Die Unterzeichner, darunter der peruanisch-spanische Literatur-Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa und der polnische Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, appellierten in einem offenen Brief an die kubanische Regierung, nicht gegen Sánchez‘ Zeitung vorzugehen.
Von «14ymedio» soll es alle zwei bis drei Tage eine neue Ausgabe geben. Zu dem elfköpfigen Team der Zeitung gehört auch Sánchez‘ Ehemann Reinaldo Escobar als Chefredaktor.
Die 38-jährige Yoani Sánchez hat mit ihrem preisgekrönten Blog «Generación Y» internationales Prestige erlangt, das US-Magazin «Time» zählte sie zu den 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der Erde. In ihrer Serie von Aufzeichnungen im Internet schildert Sánchez seit Jahren die alltäglichen Probleme in ihrem Land und setzt sich für Bürgerrechte wie die Redefreiheit ein.
Da allerdings nur wenige Kubaner Zugang zum Internet haben, ist ihr Blog im Ausland weitaus bekannter als in ihrer Heimat. Deshalb will Sánchez «14ymedio» auch nicht nur im Netz erscheinen lassen, sondern in Kuba unter anderem über Handys und E-Mails sowie per DVD, CD und USB-Sticks unter das Volk bringen.