Iraks Streitkräfte wollen die Dschihadisten vom Islamischen Staat (IS) in Tikrit einkesseln, bevor sie die Stadt nördlich von Bagdad angreifen. Laut Armeeangaben läuft alles nach Plan. Medienberichte dagegen legen nahe, dass die Truppen auf grossen Widerstand stossen.
Irakische Medien berichteten am Mittwoch über heftige Gefechte zwischen beiden Seiten. Nachdem es am Dienstag Anzeichen für ein Stocken der Offensive gab, laufe nun «alles nach Plan», sagte hingegen ein irakischer Offizier in Samarra. Es sei bislang zu keinem «direkten» Gefecht zwischen irakischen Soldaten und IS-Kämpfern gekommen.
Aus Sicherheitskreisen hiess es, Armee und schiitische Milizen hätten einen Ort südlich von Tikrit eingenommen und rückten weiter vor. Laut der Nachrichtenseite Al-Sumaria griffen sie zudem ein Ölfeld östlich von Tikrit an.
Erste IS-Verteidigungslinie laut General zerstört
Am Mittwoch seien die irakischen Truppen auf fast 20 Kilometer an Tikrit herangekommen, die erste Verteidigungslinie des IS sei zerstört worden, sagte General Abdel Amir Al-Saidi. Die Taktik der Tikrit-Offensive sei es, dem IS die Nachschublinien für Waffen und Einheiten abzuschneiden und die Extremisten vollständig einzuschliessen.
IS-Kämpfer sollten auch in den Ortschaften Al-Alam und Al-Dur eingekesselt werden, wie der General erklärte. Das irakische Heer hatte am Montag mit rund 30’000 Mann und Unterstützung der Luftwaffe seine bislang grösste Offensive gestartet, um das überwiegend von Sunniten bewohnte Tikrit nach neun Monaten vom IS zurückzuerobern.
Laut US-Generalstabschef Martin Dempsey gehört rund ein Drittel der Kämpfer zu offiziellen irakischen Sicherheitskräften, zwei Drittel kämpfen für Schiiten-Milizen. Unterstützt werden die schiitischen Milizen vom ebenfalls schiitischen Iran. Ein hochrangiger Kommandant der iranischen Revolutionsgarden ist laut einem Medienbericht als Berater vor Ort.
Die US-Luftwaffe und ihre Verbündeten beteiligen sich bisher dagegen nicht an der Offensive. Sie bombardieren seit mehreren Monaten IS-Stellungen im Irak und auch im Nachbarland Syrien.
Widerstand durch Selbstmordanschläge
Die Extremisten versuchen, Bagdads Truppen mit Strassenbomben, Selbstmordanschlägen und Heckenschützen aufzuhalten. Sie haben in den umkämpften Gebieten zudem zahlreiche Sprengfallen versteckt.
Während irakische Medien berichteten, zahlreiche IS-Kämpfer seien vor den Gefechten geflohen, verbreitete der IS selbst im Internet Fotos, die angeblich Verstärkungen für den Kampf in Tikrit zeigten.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) warnte vor Racheakten schiitischer Milizen an sunnitischen Zivilisten. Dies sei an anderen Orten schon oft vorgekommen, sagte AI-Mitarbeiterin Donatella Rovera der Nachrichtenagentur AFP: «Wir sind besorgt.»
Als irakische Einheiten mit Hilfe schiitischer Paramilitärs den IS aus der Provinz Dijala vertrieben, sollen 70 friedliche sunnitische Dorfbewohner von schiitischen Kämpfern getötet worden sein.