Mit einer gross angelegten Offensive versucht die irakische Armee, die strategisch wichtige Stadt Tikrit von den extremistischen ISIS-Milizen zurückzuerobern. Regierungstruppen gelang es am Samstag nach eigenen Angaben, den Vorort Al-Awja einzunehmen.
Dort wurde der frühere Diktator Saddam Hussein geboren und nach seinem Tod im Jahr 2006 begraben. Der staatliche TV-Sender Al-Irakija meldete, irakische Kampfjets hätten ihre Angriffe auf die nordirakische Stadt Mossul verstärkt. Diese befindet sich wie Tikrit unter Kontrolle der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIS).
ISIS-Kämpfer und ihre regionalen sunnitischen Verbündeten kontrollieren mehr als zwei Wochen nach Beginn ihres Vormarsches grosse Teile des Nordens und Westens des Iraks. Sie wollen die Hauptstadt Bagdad einnehmen und ein grenzüberschreitendes Kalifat gründen.
Soldaten hätten Al-Awja befreit, sagte ein Armeeoffizier der Nachrichtenagentur dpa. Demnach beherrschen die Regierungstruppen das Umland von Tikrit und wollen die Stadt nun «von allen Seiten» stürmen. Die Angaben liessen sich von unabhängiger Seite nicht bestätigen. Tikrit werde «ein grosses Grab für Aufständische» werden, kündigte der Armeeoffizier an.
Die Stadt liegt rund 140 Kilometer nordwestlich von Bagdad. ISIS-Milizen hatten Tikrit am 11. Juni eingenommen. Die Stadt ist strategisch wichtig, weil sie an einer Hauptverbindungsstrasse zwischen dem Norden des Landes und Bagdad liegt.
Hinweise auf Kriegsverbrechen
Die irakische Armee hatte am Freitag eine Offensive auf Tikrit angekündigt und diese am Samstagmorgen begonnen. Dabei rückte sie mit Panzern und gepanzerten Fahrzeugen auf die Stadt vor. Augenzeugen berichteten, eine grosse Zahl von Soldaten habe sich von Süden her der Stadt genähert. Auch Kampfhelikopter waren im Einsatz.
ISIS-Milizen töteten in Tikrit nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) bei Massenexekutionen mindestens 160 Menschen. Fotos und Satellitenaufnahmen aus der Stadt Tikrit gäben starke Hinweise auf ein «schreckliches Kriegsverbrechen», hatte HRW am Freitag berichtet. Von ISIS im Internet veröffentlichte Bilder zeigen, wie vermummte Bewaffnete auf am Boden liegende Männer in Zivilkleidung zielen.
Hilfe für Flüchtlinge
Als Reaktion auf den Vormarsch der Isis im Irak unterstützt das deutsche Aussenministerium Hilfsprojekte im Land mit zwei Millionen Euro. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz solle mit dem Geld Flüchtlingen helfen, erklärte der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier am Samstag in Berlin. Unter anderem gehe es um die Versorgung mit sauberem Trinkwasser.
Bei Kämpfen sind im Irak seit Monatsbeginn mehr als 1000 Menschen ums Leben gekommen. In den Konfliktgebieten gibt es für Vertriebene nur eingeschränkten Zugang zu Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung.
Nach Schätzungen sind 1,2 Millionen Menschen als Binnenvertriebene im Land auf der Flucht. Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtete am Freitag, dass in den vergangenen Tagen allein rund 10’000 Christen aus dem Nordirak in die kurdischen Autonomiegebiete geflüchtet seien.