Nach monatelangem Tauziehen hat der Irak einen neuen Präsidenten. Das Parlament wählte am Donnerstag den kurdischen Politiker Fuad Masum zum Staatsoberhaupt und machte damit den Weg für die Bildung einer neuen Regierung frei.
Laut der Machtverteilung im Irak stellen die Kurden den Staatspräsidenten, die Schiiten den Regierungschef und die Sunniten den Parlamentspräsidenten.
Parlamentspräsident Salim al-Dschuburi gab in Bagdad bekannt, dass Masum mit 211 zu 17 Stimmen gegen seinen Herausforderer Hussein al-Mussaui gewonnen habe. In der Nacht hatten sich die Abgeordneten des wichtigsten kurdischen Blocks bei einer Sitzung auf Masums Kandidatur geeinigt.
Im Irak war bereits Ende April ein neues Parlament gewählt worden, wobei die Partei von Ministerpräsident Nuri al-Maliki erneut eine Mehrheit erhalten hatte. Eine neue Regierung gibt es bislang nicht. Immerhin hatte sich das Parlament kürzlich auf einen neuen Parlamentspräsidenten geeinigt. Das war die Voraussetzung für die Abstimmung über das Amt des Präsidenten.
Masum folgt auf Dschalal Talabani, der seit 2005 Präsident war. Er muss nun einen neuen Regierungschef bestimmen. Das Land steckt in einer tiefen Krise und wird derzeit von einem Feldzug sunnitischer Extremisten erschüttert. Die sunnitische Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat (IS) hat seit Anfang Juni weite Teile im Norden und Westen des Landes erobert.
60 Tote bei Überfall auf Gefangenentransport
Nördlich von Bagdad wurden in der Nacht zum Donnerstag bei einem schweren Angriff auf einen Konvoi mit Sicherheitskräften und dutzenden Gefangenen mindestens 60 Menschen getötet. Bei dem Anschlag und anschliessenden Gefechten mit Sicherheitskräften starben vor allem Gefangene, aber auch einige Polizisten.
Die Häftlinge sollten aus Sicherheitsgründen aus Tadschi weggebracht werden, nachdem das rund 25 Kilometer von der irakischen Hauptstadt entfernte Gefängnis am Mittwoch von Granaten getroffen worden war. Es blieb aber zunächst unklar, um wen es sich bei den Angreifern handelte, die offenbar die Gefangenen befreien wollten. Ebenso unklar war zunächst, wie die Häftlinge starben.
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen beklagte unterdessen zunehmende Angriffe aus der Luft auf Spitäler und medizinische Einrichtungen. Betroffen seien vor allem der Norden und das Zentrum des Landes, wie die Organisation mitteilte.
Genitalverstümmelungen im «Kalifat»
Die UNO prüft Hinweise, wonach die sunnitische Dschihadisten-Organisation Islamischer Staat (IS) die Genitalverstümmelung von Frauen angeordnet haben soll. «Wir versuchen herauszufinden, was wir gesichert wissen», sagte ein UNO-Sprecher in Genf und relativierte damit Äusserungen der UNO-Gesandten für den Irak, Jacqueline Badcock.
Diese hatte zuvor mitgeteilt, dass Millionen Frauen rund um die von den Extremisten kontrollierte Stadt Mossul im Nordirak durch die Anordnung bedroht seien. Unterstützer der Terrormilizen dementierten die Vorwürfe in sozialen Netzwerken. IS fordere keine Genitalverstümmelungen, hiess es.