Der höchste schiitische Geistliche im Irak hat Ministerpräsident Nuri al-Maliki indirekt aufgerufen, auf seinen Posten zu verzichten und so den Weg für ein Ende der seit Monaten dauernden politischen Krise freizumachen.
Grossajatollah Ali al-Sistani liess anlässlich der Freitagsgebete einen Vertrauten mitteilen, dass Politiker flexibel sein sollten, damit der Stillstand im Land aufgebrochen werde und man sich gegen die Extremisten wehren könne. Es sei an der Zeit, dass die Politiker die Interessen des Landes im Blick hätten und nicht ihre eigenen, erklärte Al-Sistani.
Regierungschef Maliki ist ebenfalls Schiit. Er sieht sich Rücktrittsforderungen von Sunniten und Kurden ausgesetzt, die ihm vorwerfen, nur die Interessen der Schiiten zu vertreten. Aber auch in den eigenen Reihen wächst der Unmut darüber, dass Maliki für eine dritte Amtszeit antreten will.
Dass Maliki trotz aller Kritik auf seinem Posten verharrt, spielt der sunnitischen Extremisten-Organisation Islamischer Staat, der früheren Isis, in die Hände, die in den vergangenen Wochen weite Teile des Landes unter ihre Kontrolle gebracht hat.
Maliki ist seit der Wahl im April geschäftsführend im Amt. Seither ringen Vertreter der Bevölkerungsgruppen darum, die wichtigsten politischen Posten zu besetzen.
Im Irak muss das Amt des Staatsoberhauptes mit einem Kurden besetzt werden. Parlamentspräsident muss ein Sunnit, Ministerpräsident ein Schiit sein. Am Donnerstag wurde nach monatelangen Verhandlungen der Kurde Fuad Masum zum Präsidenten gewählt. Das nährte die Hoffnung, dass nun eine neue Regierung gebildet werden könnte, die den Kampf gegen die Extremisten verstärkt.