Iraks Schiiten rüsten sich gegen ISIS-Dschihadisten

Sunnitischen Dschihadisten sind im Irak weiter auf dem Vormarsch: Kämpfer der ISIS-Miliz haben gemäss Medienberichten die irakische Armee an der syrischen Grenze in die Flucht geschlagen.

Schiiten zeigen bei militärischen Paraden in Bagdad ihre Macht (Bild: sda)

Sunnitischen Dschihadisten sind im Irak weiter auf dem Vormarsch: Kämpfer der ISIS-Miliz haben gemäss Medienberichten die irakische Armee an der syrischen Grenze in die Flucht geschlagen.

Die Kämpfer der Organisation Islamischer Staat im Irak und in der Levante (ISIS) hätten mehrere Städte im Westen des Iraks unter ihre Kontrolle gebracht, meldete das Nachrichtenportal «Sumaria News» am Samstag. Auch ein strategisch wichtiger Grenzort in der Region Al-Kaim sei an die ISIS gefallen.

Die irakischen Sicherheitskräfte hätten sich nach mehrtägigen Kämpfen aus der Region zurückgezogen. Von unabhängiger Seite konnte das zunächst nicht überprüft werden.

Machtdemonstration

Angesichts des Vormarsches der sunnitischen Kämpfer demonstrierten im Irak Tausende Schiiten bei militärischen Paraden ihre Macht. Wie Bewohner von Bagdad berichteten, marschierten allein in der Hauptstadt mehrere tausend Anhänger des radikalen Schiitenpredigers Muktada al-Sadr auf.

Al-Sadr hatte in der vergangenen Woche zu den Paraden aufgerufen, um zu demonstrieren, dass die Schiiten die Stärke haben, ihre heiligen Stätten im Land zu schützen. Die Demonstrationszüge wurden von Polizei und Militär begleitet.

2008 hatten die gefürchteten Milizen al-Sadrs noch gegen die von den US-Streitkräften unterstützen Regierungstruppen gekämpft, damals drohte al-Sadr mit einem «offenen Krieg» im Irak. Hunderte Menschen kamen bei den Kämpfen ums Leben.

Heterogene Allianz

Sechs Jahre später sind ihre Gegner Dschihadisten, die eine heterogene Allianz mit anderen sunnitischen Islamisten und ehemaligen Getreuen des gestürzten und später hingerichteten irakischen Machthabers Saddam Hussein gebildet haben. Angeführt wird diese Allianz von der Dschihadistengruppe ISIS, die in den vergangenen anderthalb Wochen weite Teile des Nordirak erobert hat.

Hussein hatte die schiitische Mehrheit im Lande diskriminiert. Nach seinem Sturz 2003 verloren die sunnitischen Stämme Macht und Einfluss.

Nach dem US-Abzug 2011 entbrannte der Machtkampf aufs Neue. Die von Schiiten dominierte Regierung unter Nuri al-Maliki hält Sunniten seit Jahren von allen wichtigen politischen Posten im Irak fern.

Sunnitische Dschihadisten wie ISIS kämpfen gegen Schiiten, die sie als «Abweichler» von der wahren Lehre des Islams ansehen. Die ISIS-Kämpfer verbreiten derzeit Angst und Schrecken.

Rund um die Stadt Tikrit kamen Dutzende Menschen bei Kämpfen um. Wie die Nachrichtenagentur dpa von Ärzten in der 180 Kilometer nördlich von Bagdad entfernten Stadt erfuhr, wurden mindestens 84 Menschen getötet – darunter viele Angehörige von Armee und Polizei.

Einsatz von US-Soldaten

Die USA wollen nun das irakische Militär im Kampf gegen die Terrormiliz unterstützen. Washington setzt dabei auf einen möglichst kurzen Einsatz der rund 300 Soldaten, die als Militärberater in den Irak geschickt werden sollen.

Der Nachrichtensender CNN meldete, dass ein erster Sondertrupp am Samstag in Bagdad eintreffen sollte. Zudem würden Soldaten, die schon jetzt an der US-Botschaft in Bagdad stationiert sind, neue Beobachteraufgaben übernehmen. Die Soldaten sollen nach Angaben der «New York Times» etwa Ziele für Luftangriffe gegen die Dschihadisten-Miliz prüfen.

Der Iran reagierte dagegen kritisch auf die Pläne von US-Präsident Barack Obama im Irak. «Die Äusserungen Obamas zeigen, dass die USA nicht entschlossen genug im Kampf gegen den Terrorismus im Irak sind», sagte Vizeaussenminister Amir Abdullahian nach Angaben staatlicher Medien am Samstag.

Für den Irak sollte in erster Linie eine diplomatische Lösung gefunden werden, fügte er hinzu. Dazu müssten die Regierung sowie die nationale und religiöse Einheit des Landes gestärkt werden. Die Erwägungen Obamas würden dagegen zu noch mehr konfessionellen Spannungen führen.

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