Leo Varadkar wird der neue Premierminister von Irland. Der bisherige Sozialminister löst Regierungschef Enda Kenny an der Parteispitze und damit als Regierungschef ab, wie die konservative Fine Gael am Freitagabend mitteilte.
Der neue Fine Gael-Chef wurde parteiintern über ein Wahlkollegium bestimmt. Voraussichtlich soll Varadkar am 13. Juni offiziell als Premier bestätigt werden, wenn das Parlament nach einer einwöchigen Pause wieder zusammentritt.
Der 38-jährige Arzt, Sohn eines indischen Einwanderers und einer irischen Mutter, wird der erste offen schwule Premierminister Irlands.
Wenige Monate vor dem irischen Referendum über die Homo-Ehe hatte er sich im Januar 2015 öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt. «Ich bin schwul. Es ist kein Geheimnis, aber vermutlich weiss es nicht jeder», hatte Varadkar erklärt. Noch bis 1993 waren im katholisch geprägten Irland gleichgeschlechtliche Beziehungen strafbar.
Kenny kündigte Rückzug aus Partei an
Kenny hatte Mitte Mai seinen Rückzug aus der konservativen Partei angekündigt. Der 66-Jährige stand seit Monaten wegen seiner Rolle in einer Schmutzkampagne gegen einen Polizei-Whistleblower unter Druck, der Fehlverhalten von Kollegen angeprangert hatte und daraufhin gemobbt wurde.
Kenny behauptete im Parlament, erst spät von den Vorwürfen erfahren zu haben – und musste dies später richtigstellen. Kenny war seit 2002 Parteichef und seit 2011 Premier. Die fragile Minderheitsregierung von Fine Gael wird von der ebenfalls konservativen Partei Fianna Fáil unterstützt.
Varadkar schon lange Favorit
Varadkar galt schon lange als Favorit für das Amt des Parteivorsitzenden und Regierungschefs. Der Abgeordnete für Dublin West wurde erstmals 2007 in das irische Parlament gewählt. 2011 wurde er zum Verkehrsminister ernannt. Von 2014 bis 2016 war er Gesundheitsminister. Seit Mai 2016 hat er das Sozialressort inne.
Seine politische Ausrichtung bezeichnet er selbst als «sozial- und wirtschaftsliberal» – links in sozialen Fragen, rechts, wenn es um die Wirtschaft geht. Varadkar setzte sich bei der Wahl zum Parteivorsitz gegen den 44-jährigen Simon Coveney aus dem südwestirischen Cork durch.
Kurz vor dem Beginn der Brexit-Verhandlung hat der neue irische Premier einen schwierigen Start. Der geplante Austritt Grossbritanniens aus der EU hat auch für Irland Folgen: Die neue EU-Aussengrenze wird zwischen Irland und Nordirland liegen. Experten befürchten Nachteile für die Wirtschaft und sehen den Friedensprozess zwischen Katholiken und Protestanten in der Region gefährdet.