Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat ihre Offensive im Norden Syriens am Dienstag fortgesetzt. Versuche von oppositionellen syrischen Kräften, die am Freitag begonnene Offensive zurückzuschlagen, seien gescheitert.
Dies teilte die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Der IS habe den Vorstoss auf Asas mit einem Selbstmordanschlag gestoppt, bei dem sechs Kämpfer der Rebellen getötet worden seien.
Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein dichtes Netz von Informanten, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite aber kaum zu überprüfen. In den Städten Marea und Scheich Issa seien rund 7000 Zivilisten eingeschlossen, teilte die UNO-Behörde für die Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) mit. Rund 5000 Menschen hätten vor den Kämpfen die Flucht ergriffen.
Die Vereinten Nationen hatten sich bereits am Sonntag besorgt über die Situation von insgesamt 165’000 Menschen zwischen Asas und der türkischen Grenze geäussert.
Angriffe auf Idlib
Bei Luftangriffen im Nordwesten Syriens starben in der Nacht mindestens 23 Menschen. Unter den Opfern in der Provinzhauptstadt Idlib seien auch sieben Kinder, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Die Stadt wird von einem Bündnis aus überwiegend extremistischen Islamisten kontrolliert, unter ihnen auch Kämpfer des syrischen Al-Kaida-Ablegers, der Al-Nusra-Front.
Die Menschenrechtler sowie örtliche Rettungshelfer gehen davon aus, dass die insgesamt zehn Luftschläge in der Nähe eines Spitals von russischen Kampfjets ausgeführt wurden. Das Verteidigungsministerium in Moskau dementierte jedoch, dass in der Provinz Idlib russische Angriffe geflogen worden seien. Kampfflugzeuge russischer Bauart werden auch von der syrischen Armee benutzt.
Nach dem Rücktritt des ranghohen Unterhändlers der Opposition, Mohammed Allusch, von den Friedensgesprächen in Genf warf Russland den syrischen Regimegegnern Desinteresse an einer politischen Lösung in dem Bürgerkriegsland vor.
Dies sei bereits «die zweite Fahnenflucht» der Gegner von Präsident Baschar al-Assad, sagte Aussenminister Sergej Lawrow am Dienstag in Moskau.
Sorge um Zivilisten
Der von irakischen Streitkräften angegriffenen IS-Hochburg Falludscha droht derweil nach Angaben von Helfern eine humanitäre Katastrophe. Rund 50’000 Menschen seien in der westirakischen Stadt, die seit Januar 2014 von der Terrormiliz Islamischer Staat kontrolliert wird, eingeschlossen.
Zivilisten stünden im Kreuzfeuer der Konfliktparteien, und es gebe für sie keine sicheren Fluchtrouten aus der Stadt heraus, sagte der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrates (NRC), Jan Egeland, am Dienstag. Im Süden Falludschas geriet die Armeeoffensive wegen des heftigen Widerstandes der Dschihadisten ins Stocken.
Nur 554 Familien aus der Umgebung der Stadt hätten seit Beginn der Militäroffensive Falludscha verlassen können, heisst es. Zivilisten berichteten von extremer Hungersnot, sagte der NRC-Leiter im Irak, Nasr Muflahi.
Die irakische Armee und Milizen hatten Anfang vergangener Woche mit Unterstützung von US-Luftangriffen eine Offensive begonnen, um die sunnitischen Extremisten aus der Stadt rund 70 Kilometer westlich von Bagdad zu vertreiben. Falludscha ist nach der nordirakischen Stadt Mossul die wichtigste IS-Hochburg im Krisenland Irak.