Der diplomatische Streit zwischen Israel und einigen EU-Staaten über den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und Ost-Jerusalem eskaliert. Israels Aussenminister Avigdor Lieberman bestellte am Freitag die Botschafter Grossbritanniens, Frankreichs, Italiens und Spaniens ein.
Sein Land wolle klarstellen, «dass die einseitige Haltung, die sie gegen Israel und zugunsten der Palästinenser beziehen, inakzeptabel ist und den Eindruck vermittelt, dass sie die Schuld nur bei Israel suchen», erklärte Aussenminister Lieberman, der auch Chef der ultrarechten Partei Israel Beitenu ist.
Die Europäer hatten am Donnerstag die israelischen Botschafter einbestellt, um gegen die jüngsten Baupläne für jüdische Siedlungen zu protestieren.
Vergangene Woche hatte Israel angekündigt, 1400 neue Wohnungen im besetzten Westjordanland und in Ost-Jerusalem zu bauen. In diesen Palästinensergebieten leben bereits etwa 500’000 jüdische Siedler. Die meisten Staaten halten die Siedlungen für rechtswidrig, die Europäische Union erhebt regelmässig Protest gegen Neubauten.
Der Siedlungsbau ist einer der wichtigsten Streitpunkte im israelisch-palästinensischen Konflikt. Nach einer dreijährigen Unterbrechung hatten beide Seiten im Juli unter US-Vermittlung ihre Friedensgespräche wieder aufgenommen. Bislang gibt es jedoch kaum sichtbare Fortschritte.
Einige Häuser
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die EU-Kritik als «heuchlerisch». Den EU-Staaten, die Israels Botschafter einbestellt hatten, warf er vor, mit zweierlei Mass zu messen. Sie hätten die israelischen Vertreter «wegen des Baus einiger Häuser einbestellt», kritisierte Netanjahu.
Wenn auf palästinensischer Seite «zur Zerstörung Israels» aufgerufen werde, bleibe eine solche Reaktion aber aus. Dieses «Ungleichgewicht» sei ein Hindernis für den Friedensprozess, sagte Netanjahu.
Siedlungen sind illegal
Eine Sprecherin der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton sagte am Freitag in Brüssel, die EU habe in der Frage der israelischen Siedlungen immer eine «sehr klare Position» eingenommen. «Die Siedlungen verstossen gegen internationales Recht, sie stellen ein Hindernis für den Frieden dar und drohen, eine Zweistaatenlösung unmöglich zu machen», ergänzte sie.
Erst vor wenigen Tagen hatte der israelische Verteidigungsminister Mosche Jaalon US-Aussenminister John Kerry laut einem Bericht eine «unverständliche Besessenheit und messianischen Eifer» bei seinen Friedensbemühungen im Nahen Osten unterstellt. Nach heftiger diplomatischer Verstimmung entschuldigte sich Jaalon schliesslich.