Widersprüchliche Signale aus Israel: Zuerst sind als «vertrauensbildende Massnahme im Friedensprozess» 26 palästinensische Gefangene freigelassen worden. Kurz danach meldete das israelische Armeeradio, dass Premier Benjamin Netanjahu dem Bau von 1500 Siedlerwohnungen in Ost-Jerusalem zugestimmt habe.
Demnach sollen die Wohnungen im Siedlerviertel Ramat Schlomo entstehen, hiess es in der Nacht. Netanjahu und Innenminister Gideon Saar hätten die Pläne abgesegnet. Anscheinend sollen damit die Hardliner in der Regierung nach der Gefangenenfreilassung besänftigt werden.
Das Siedlungsprojekt wäre eines der grössten in Ost-Jerusalem seit der Besetzung durch Israel im Jahr 1967. Israel hatte den Ostteil Jerusalems nach dem Sechs-Tage-Krieg besetzt und später annektiert. Die UNO hat dies nie anerkannt.
Seit 1967 haben sich mehr als 200’000 jüdische Siedler in mehreren Vierteln Ost-Jerusalems niedergelassen. Die Palästinenser wollen Ost-Jerusalem zur Hauptstadt eines eigenen Staates machen und sehen in den israelischen Siedlungsplänen ein grosses Hindernis für Friedensverhandlungen.
Zusage an die USA
Die der Ankündigung vorangegangene Freilassung der 26 palästinensischen Langzeitgefangenen war Teil einer Zusage von Netanjahus Regierung an die USA. Sie sollte helfen, die palästinensische Führung wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
Einige der Häftlinge hatten bis zu 28 Jahre hinter Gittern gesessen. 21 wurden im Westjordanland und 5 im Gazastreifen unter Riesenjubel und mit Freudentränen von ihren Angehörigen als Freiheitshelden in die Arme geschlossen.
Klagen aus Israel
In Israel hingegen gab es bittere Klagen von Angehörigen der Opfer über die vorzeitige Haftentlassung von «Terroristen mit Blut an den Händen». Ihr Versuch, die Aktion juristisch zu stoppen, scheiterte wie schon bei der ersten Freilassung von Häftlingen am 13. August.
Verteidigungsminister Mosche Jaalon trat Befürchtungen entgegen, die Freigelassenen könnten sich erneut an Gewaltaktionen beteiligen. Sie seien schon alt und Israel werde sie im Auge behalten, betonte er.
Israel hatte für die von den USA vermittelte Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern Ende Juli die Freilassung von insgesamt 104 Häftlingen zugesagt, die alle schon vor oder kurz nach der Unterzeichnung der Oslo-Friedensverträge 1993 inhaftiert worden waren.
Kaum Fortschritte bei Gesprächen
Israel und die Palästinenser hatten ihre Friedensgespräche auf Drängen der US-Regierung im Sommer aufgenommen, nachdem sie fast drei Jahre lang auf Eis gelegen hatten.
Ein Drittel der veranschlagten neunmonatigen Verhandlungszeit ist bisher vergangen. Offiziell gibt es zwar kaum Angaben über den Verlauf der Gespräche, aber was durchsickert, klang bisher eher pessimistisch.
Nur wenige glauben, dass sich beide Seiten bis zum Frühling auf einen umfassenden Friedensvertrag und die Schaffung eines Palästinenserstaates einigen können.