Ein Gesetz, das viele israelische Bürgerrechtsgruppen bei jeder öffentlichen Aktivität zur Offenlegung ausländischer Finanzquellen zwingt, hat die erste parlamentarische Hürde genommen. 50 Knessetabgeordnete votierten in der Nacht für die Regelung, 43 dagegen.
Kritiker fürchten die Eröffnung einer Hexenjagd insbesondere auf regierungskritische Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die gegen die Besatzung der Palästinensergebiete eintreten und stark von ausländischen Regierungen unterstützt werden.
Die Bürgerrechtsgruppe «Frieden Jetzt» kritisierte am Dienstag, das Gesetz sei ein «Hassverbrechen gegen die Demokratie» und wolle «mittels Diskriminierung diejenigen öffentlich an den Pranger stellen, welche die Regierung kritisieren.»
Entgegen anderslautender Beteuerungen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gebe es entsprechende Regelungen «in Russland – und nicht in den Vereinigten Staaten oder jedem anderen demokratischen Land».
Bussgelder drohen
NGOs, die mehr als die Hälfte ihres Budgets aus staatlichen Mitteln im Ausland erhalten, sollen mit dem Gesetz verpflichtet werden, auf Plakaten, Pressemitteilungen, Flugblättern und bei allen öffentlichen Auftritten auf diese Tatsache deutlich hinzuweisen. Bei Verstössen dagegen drohen hohe Bussgelder.
Justizministerin Ajelet Schaked will mit dem Gesetz nach eigenen Angaben «gegen die Einmischung fremder Regierungen in die inneren Angelegenheiten Israels» vorgehen. In der Knesset-Debatte erklärte sie, «Transparenz ist kein ererbtes Recht nur der Linken».
Opposition und Verfassungsrechtler kritisieren, dass die in Israel ebenfalls sehr aktiven rechtsgerichteten NGOs, die weitgehend von ideologisch motivierten Privatpersonen aus den USA finanziert werden, von den erhöhten Transparenzregeln explizit ausgenommen werden. Die NGOs machen zudem geltend, dass sie schon jetzt alle Finanzquellen in ihren Rechenschaftsberichten und auf ihren Internetportalen offenlegen.
Aktivisten fühlen sich bedroht
Nachdem rechtsradikale Gruppen die Gesetzesinitiative mit Kampagnen begleiteten, bei denen Aktivisten der betroffenen Friedens- und Menschenrechtsgruppen als Maulwürfe und ausländische Agenten verunglimpft werden, fühlen sich diese zunehmend bedroht. Bürgerrechtler klagen, dass sie inzwischen mit massiven Nachstellungen bis hin zu Morddrohungen leben müssten.
Auch in den USA und in Europa stiess das Gesetz auf Kritik. So wies das US-Aussenministerium Netanjahus Behauptung entschieden zurück, in Washington gebe es ähnliche Regelungen. Der EU-Botschafter in Israel äusserte im direkten Gespräch mit Schaked seine Ablehnung des Vorhabens.
Am Montag erklärten 50 Europaparlament-Abgeordnete, das Vorhaben sei «Teil eines von der aktuellen israelischen Regierung geförderten besorgniserregenden Trends, die Arbeit von kritischen NGOs, Künstlern und Denkern zu behindern und herabzuwürdigen».
Reaktion aus der Schweiz
Auch aus der Schweiz gab es kritische Stimmen. Eine Solidaritäts-Erklärung des Schweizerischen Freundeskreises von Givat Haviva und sechs weiteren schweizerischen NGOs kritisiert die Vorgehensweise der extremen Rechten in Israel.
Ein Termin für die abschliessende Beratung und Verabschiedung des NGO-Gesetzes in der Knesset ist noch nicht bekannt.