Nach dem Scheitern der Waffenruhe im Gaza-Konflikt will Israel seine Luftangriffe auf Stellungen der Hamas ausweiten. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, die Hamas habe Israels einseitige Feuerpause über sechs Stunden ignoriert und weiter Raketen abgefeuert.
Erstmals gab es auch ein israelisches Todesopfer. Ein Zivilist wurde laut der israelischen Armee am Dienstag am Grenzübergang Eres zum Gazastreifen von einer Rakete getroffen.
Dies steht aber in keinem Verhältnis zu den Opfern auf palästinensischer Seite: Nach Angaben palästinensischer Rettungsdienste wurden seit den israelischen Luftangriffen als Reaktion auf den Beschuss durch Raketen aus dem Gazastreifen dort mindestens 194 Menschen getötet und mehr als 1400 weitere verletzt. Mindestens die Hälfte der Opfer waren demnach Zivilisten.
Der israelische Ministerpräsident Netanjahu liess bei seiner Ankündigung offen, ob nun israelische Bodentruppen in den Küstenstreifen am Mittelmeer einmarschieren. Dies hatte Aussenminister Avigdor Liebermann, der als Scharfmacher im Kabinett gilt, ausdrücklich gefordert.
Ägyptische Vermittlung
Israel hatte ab Dienstagvormittag sechs Stunden lang seine Luftangriffe einseitig gestoppt. Die Hamas aber feuerte weiter Dutzende Raketen Richtung Israel, weil sie sich von der diplomatischen Initiative Ägyptens für die Feuerpause übergangen sah. Nachmittags setzte dann auch die israelische Armee ihre Attacken fort.
Ägyptens Fahrplan für eine Waffenruhe sah neben einer Feuerpause vor, Grenzübergänge für Menschen und Güter zu öffnen, sobald sich die Sicherheitslage stabilisiert.
Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Morgen den ägyptischen Waffenruhe-Plan mit 6:2 Stimmen angenommen. Die Gegenstimmen kamen von Lieberman und dem gleichfalls ultrarechten Wirtschaftsminister Naftali Bennett.
Lob für Initiative aus Kairo
International stiess die ägyptische Regierung mit ihrem Vermittlungsversuch auf Lob. Die Arabische Liga erklärte, damit könnten Unschuldige gerettet werden.
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte bei seinem Besuch in Israel vergeblich an «die Verantwortlichen in Gaza», «die Waffenruhe einzuhalten». Zugleich forderte er von beiden Seiten «grundsätzliche Verhandlungen über die Zukunft des Gazastreifens».
Am Nachmittag traf Steinmeier in Ramallah Palästinenserpräsident Mahmud Abbas. Dieser appellierte an beide Seiten, die Vorschläge Ägyptens anzunehmen. Er will am Mittwoch nach Kairo reisen, um mit dem ägyptischen Präsidenten Abdel-Fattah al-Sisi über den Waffenruhe-Vorschlag zu sprechen.
Mehr als hundert Raketen auf Israel
Das israelische Militär zählte bis zum Dienstagabend 125 Raketenabschüsse aus dem Gazastreifen. In der Hafenstadt Aschdod wurde ein Haus direkt getroffen.
Nach Aufhebung der einseitigen Feuerpause berichtete das israelische Militär, die Luftwaffe habe 30 Bombenangriffe geflogen, von denen 20 Raketenstellungen gegolten hätten.
Israel hat in den vergangenen sieben Tagen nach eigenen Angaben inzwischen 1576 Hamas-Ziele angegriffen. Die Hamas hat demnach wiederum mehr als 1000 Raketen auf Israel abgefeuert. Nur knapp 200 davon wurden vom israelischen Abwehrsystem abgefangen, die meisten übrigen schlugen in unbewohntem Gebiet ein.
Auslöser der jüngsten Eskalation der Gewalt waren die Entführung und Ermordung von drei israelischen Teenagern mutmasslich durch Hamas-Mitglieder und der wahrscheinliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen durch jüdische Fanatiker.
Eine 2012 vereinbarte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas, die seit 2007 im Gazastreifen herrscht, wurde daraufhin endgültig Makulatur.