Nach vier Wochen erbitterter Kämpfe im Gazastreifen besteht Aussicht auf eine dauerhafte Waffenruhe zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas: Am Dienstagmorgen trat eine von Ägypten vermittelte dreitägige Feuerpause in Kraft.
Die israelische Armee schloss den Abzug ihrer Bodentruppen aus dem Gazastreifen ab. «Alle unsere Streitkräfte haben Gaza verlassen», sagte General Moti Almos dem israelischen Armeerundfunk. Armeesprecher Peter Lerner sagte, Soldaten würden auf «defensive Positionen» ausserhalb des Palästinensergebiets zurückgezogen. Sie würden bei jedem Angriff zurückschlagen.
Wenige Minuten vor dem Inkrafttreten der Waffenruhe wurden vom Gazastreifen aus Raketen auf israelische Städte abgefeuert. Auch in Jerusalem und Tel Aviv wurde Luftalarm ausgelöst, während Israels Luftwaffe ihrerseits mehrere Ziele in dem Palästinensergebiet angriff.
Fast 2000 Todesopfer
Sanitäter berichteten, seit Mitternacht habe es weder Tote noch Verletzte gegeben. Allerdings erlagen zwei Palästinenser ihren Verletzungen.
Damit stieg die Zahl der Palästinenser, die seit der am 8. Juli begonnenen israelischen Militäroffensive getötet wurden, nach palästinensischen Angaben auf 1867, grösstenteils Zivilisten. Auf israelischer Seite wurden in dem Konflikt 64 Soldaten und drei Zivilisten getötet.
Nach Beginn der Waffenruhe begaben sich am Dienstag viele Einwohner zurück in ihre Wohnviertel. «Die Menschen beginnen, die UNO-Schutzräume zu verlassen», teilte der Sprecher des Palästinenserhilfswerks UNRWA, Chris Gunness, am Dienstag mit.
Mit 267’970 Flüchtlingen in 90 UNO-Schutzräumen sei «zum ersten Mal ein leichter Rückgang der Zahlen» zu verzeichnen, schrieb Gunness bei Twitter.
Schwierige Verhandlungen in Kairo
In Kairo wollten die Konfliktparteien nun über einen Waffenstillstand beraten. Vertreter der im Westjordanland regierenden gemässigten Fatah, des Islamischen Dschihad und der Hamas-Exilführung aus Ägypten und Katar hielten sich bereits in der ägyptischen Hauptstadt auf.
Im Laufe des Tages sollten eine Delegation aus Israel sowie Vertreter der Hamas aus dem Gazastreifen dazustossen.
Die Verhandlungen in Kairo dürften schwierig werden. Die Hamas verlangt die Aufhebung der Blockade, mit der die Wirtschaft des schmalen Küstenstreifens mit seinen 1,8 Millionen Einwohnern erstickt wird.
Die palästinensische Delegation fordert ausserdem die Öffnung der Grenzübergänge, die Ausweitung der Fischereizone auf zwölf Seemeilen und die Freilassung palästinensischer Gefangener. Israel besteht unterdessen auf seiner Sicherheit. Es schätzt, dass die Hamas und ihre Verbündeten noch über 3000 Raketen verfügen.
225 Mio. US-Dollar für «Iron Dome»
US-Präsident Barack Obama unterzeichnete am Montag ein Dokument zur Freigabe weiterer Gelder in Höhe von 225 Millionen Dollar, um das israelische Luftabwehrsystems «Iron Dome» (Eiserne Kuppel) mit Abfangraketen nachzurüsten. Der US-Kongress hatte die Summe am Freitag mit überwältigender Mehrheit bewilligt.
Israel hatte vor vier Wochen den Militäreinsatz gegen die Hamas im Gazastreifen gestartet, um den Raketenbeschuss aus dem Palästinensergebiet zu stoppen und Tunnel zu zerstören, die unter anderem für Angriffe auf israelisches Gebiet genutzt wurden.
Die Schäden der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen belaufen sich nach palästinensischen Schätzungen auf vier bis sechs Milliarden Dollar. Dabei seien nur die «direkten Folgen für die Wirtschaft» eingerechnet, noch nicht die «indirekten Folgen für die Bevölkerung», sagte der palästinensische Vize-Wirtschaftsminister Taissir Amro der Nachrichtenagentur AFP.