Freerider haben nicht den besten Ruf und werden oft für Lawinenunfälle verantwortlich gemacht. Nun will die International Snow Training Academy (ISTA) alpine Sportler ausbilden, damit sie Gefahren ausserhalb markierter Skipisten besser einschätzen und meiden können.
Immer mehr Skifahrer und Snowboarder sind abseits der Pisten unterwegs. Begünstigt durch den einfacheren Zugang zu unpräparierten Pisten sei Freeriding zu einem «riesigen Trend» geworden, sagte Anjan Truffer, Leiter der Bergrettung Zermatt VS, am Dienstag vor den Medien in Zürich.
Das birgt Gefahren. Weltweit kommen laut Truffer jährlich rund 200 Personen bei Lawinenunfällen ums Leben. Rund 90 Prozent der Lawinen würden dabei von Skifahrern selber ausgelöst. «Das wirkt sich negativ auf das Image des Freeridings aus und erhöht das Risiko einer Reglementierung oder gar eines gesetzlichen Verbots.»
Nach Truffer sind junge Leute zwar bereit, viel Geld in Ausrüstung und Rettungsgeräte zu stecken. Allein im Winter 2014/15 wurden 570’000 Freeride- und Tourenskis, 180’000 Lawinensuchgeräte und 60’000 Airbags verkauft. Viele Freerider seien jedoch auf einen Ernstfall nicht vorbereitet und seien kaum in der Lage, die Geräte richtig einzusetzen, stellte Truffer fest.
Risiken ändern sich nicht
Es sei höchste Zeit, zwischen Konsum und Bildung wieder ein Gleichgewicht herzustellen, betonte der Zermatter Bergführer. Lawinen seien kein «unabwendbares Schicksal». Es brauche aber einen neuen Zugang dazu. «Die Sportler ändern sich, die Gewohnheiten ändern sich, die Risiken aber ändern sich nicht», so Truffer.
Bisher war das Schulungsangebot im Bereich Freeride vor allem für Profis bestimmt. Das wollte Dominique Perret, einer der weltbesten Freerider, ändern. Zusammen mit über 40 internationalen Experten hat er ein Lawinen-Ausbildungsprogramm entwickelt, das sich an Skifahrer, Snowboader, Tourenfahrer und Heliskier wendet.
ISTA lehnt sich an an das Ausbildungsprogramm des Verbandes der professionellen Tauchlehrer (PADI). Nach Perret haben die Taucher vor 30 Jahren eine herausragende Struktur geschaffen. «Dies streben wir nun auch für die Berge an – ein Programm, das Sicherheit und Spass vereint.»
Grosses Interesse
Das Programm wurde in der vergangenen Wintersaison von Bergführern und Skilehrern in Verbier und Zermatt getestet. Spezialisten aus Pädagogik, Sportpsychologie, Ernährung, Meteorologie, Schneeforschung und Risikomanagement haben das Angebot zusammengestellt.
Ab dem 15. Dezember wird die Ausbildung nun an 28 Standorten in der Schweiz und an 15 Standorten im italienischen Aostatal von über 300 Instruktoren angeboten. In einer ersten Phase wollte ISTA 100 Instruktoren ausbilden. Das Interesse sei jedoch riesig, sagte Truffer. Im nächsten Winter sollen Ausbildner in Deutschland, Österreich und Spanien hinzukommen.
Die modulartig aufgebauten Kurse sollen die Teilnehmenden befähigen, mit Risiken umzugehen statt nur auf ihre Ausrüstung zu vertrauen. Rettungsgeräte vermittelten oft ein falsches Sicherheitsgefühl, sagte der Snowboard-Weltmeister und Olympiasieger Ueli Kestenholz, der sich ebenfalls in den Dienst von ISTA stellt. Viele meinten, man könne nur die Leine des Airbags ziehen und werde dann schon gefunden.