Italien beschränkt sich bei der Diskussion zwischen Bern und der EU über eine Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative nicht aufs Zuschauen. Das Nachbarland fordert die Einhaltung des Prinzips des freien Personenverkehrs – auf «flexible» und «intelligente» Art.
Dies sagte der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni am Donnerstag in Bern, wo er von Bundesrat Didier Burkhalter empfangen wurde. «Wir sind keine Zuschauer, sondern interessiert an einer Lösung», sagte der Gast aus Italien während einer gemeinsamen Medienkonferenz mit dem Schweizer Aussenminister.
Dutzende Beispiele aus den vergangenen Jahren hätten gezeigt, dass bei der Anwendung von EU-Prinzipien eine gewisse Flexibilität möglich sei, sagte Gentiloni. Für die Weigerung der Europäischen Kommission, mit jedem einzelnen Land eine separate Lösung zu finden, zeigte der Italiener hingegen Verständnis.
Burkhalter wies seinerseits darauf hin, dass rund um die Abstimmung vom 9. Februar zahlreiche Vertreter der Nachbarländer in die Schweiz gereist seien. Den Nachbarn sei bewusst geworden, dass sich die Gespräche zwischen der Schweiz und der EU auf die gemeinsamen Grenzregionen auswirkten.
Bei der Suche nach einer Lösung mit Brüssel komme den Nachbarländern eine Schlüsselrolle zu, sagte der Vorsteher des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Burkhalter würdigte anlässlich des Besuchs Gentilonis die guten Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien.
Enge Beziehung
Die Schweiz und Italien verfügen traditionell über ein enges Beziehungsnetz. Nicht nur verbindet beide Länder eine gemeinsame Landessprache, auch stellen die Italienerinnen und Italiener die grösste Ausländerkolonie in der Schweiz dar. Als Beleg für diese enge Freundschaft stehen der Schweizer und der italienische Pavillon auf dem EXPO-Gelände in Mailand an zentraler Lage nebeneinander, wie das EDA mitteilte.
Die Weltausstellung in Mailand war eines der Themen, über die die beiden Aussenminister sprachen. Weitere Gesprächsthemen waren die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels und die Bedeutung der NEAT für Europa aber auch für die Beziehungen zwischen der Schweiz und Italien.
Zuversicht nach Fortschritten in Steuerfragen
Burkhalter und Gentiloni begrüssten laut EDA die Einigung im Finanz- und Steuerbereich, welche Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und der italienische Finanzminister Pier Carlo Padoan im Februar in Mailand unterzeichnet hatten. Zu dieser Einigung gehört auch das Grenzgängerabkommen, welches Burkhalter und Gentiloni als ein zentrales Abkommen in den bilateralen Beziehungen bezeichneten.
Die beiden Gesprächspartner sind laut EDA zuversichtlich, dass der neue Vertrag bald abgeschlossen werden kann. Eine Lösung in Finanz- und Steuerfragen öffne auch die Türen für einen intensiveren Wirtschaftsaustausch zwischen der Schweiz und Italien, sagte Burkhalter.
Thematisiert wurde ausserdem die Migrationsproblematik im Mittelmeerraum, insbesondere die Frage nach der Verteilung der Flüchtlinge, die via Italien nach Europa gelangen. Auch die Situation in Nordafrika und im Mittleren Osten stellte ein zentrales Thema des Gesprächs der beiden Aussenminister dar.