Einer italienischen Zeitung sind erneut geheime Briefe aus dem Vatikan zugespielt worden. Die „Il Fatto Quotidiano“ druckte am Samstag Auszüge aus mehreren Schreiben ab, die nahelegen, dass Mitglieder des Aufsichtsrats der Vatikanbank einen Rückzug ihres Chefs Ettore Gotti Tedeschi forcierten.
Demnach drohte sein damaliger Stellvertreter Ronaldo Schmitz in einem Brief an den einflussreichen Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone mit Rücktritt, sollte sein Chef nicht bis Ende Mai abberufen worden sein.
Gotti Tedeschi war am 24. Mai nach einem Misstrauensvotum des Aufsichtsrats zurückgetreten. Gegen ihn laufen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäsche.
Vor dem besagten Treffen des Aufsichtsrats soll Schmitz einen Brief an Bertone geschickt haben. Ihn zitierte die „Il Fatto Quotidiano“ daraus mit den Worten, Gotti Tedeschi verfüge nicht über die „nötigen Qualitäten“, die Vatikanbank zu leiten.
„Exzentrisches Verhalten“
Unterstützung erhielt Schmitz laut dem Bericht vom Aufsichtsratsmitglied Carl Anderson. Gotti Tedeschi sei nicht länger in der Lage, die Bank in schwierigen Zeiten zu führen, schrieb er. Anderson verwies dabei auf dessen „zunehmend exzentrisches Verhalten“.
Die Zeitung zitierte auch den Brief eines Psychiaters. Dieser bescheinigte Gotti Tedeschi „Züge von Egozentrik, Narzissmus und teilweise eine Loslösung von der Realität“.
In den vergangenen Monaten waren immer wieder interne Dokumente des Vatikans an italienische Medien weitergegeben worden, in denen es unter anderem um Korruption, Geldwäsche und Kindesmissbrauch innerhalb der katholischen Kirche ging.
Ein früherer Kammerdiener, Paolo Gabriele, steht im Verdacht, eine der undichten Stellen im Kirchenstaat zu sein. Dem vor gut zwei Wochen Festgenommenen droht nun eine Haftstrafe.