Der italienische Staatschef Giorgio Napolitano hat die Parteien und Politiker zur Mässigung und Zurückhaltung in ihrer Debatte über eine Regierungsbildung aufgerufen. Verfrühte Festlegungen sollten im allgemeinen Interesse des Landes und seines internationalen Rufes vermieden werden.
Das verlangte Napolitano am Samstag in Rom in einer Stellungnahme. Napolitano stellte auch klar, dass es an ihm liegt, bei den noch ausstehenden formellen Konsultationen eine «unabhängige Bewertung» der Patt-Situation im Parlament vorzunehmen.
Jeder habe das Recht zur freien Debatte. Er rate aber zu «Mass, Realismus und Verantwortungsbewusstsein» auch in dieser Vorbereitungszeit, erklärte er nach seiner Rückkehr von einem Deutschlandbesuch.
Die Linke um Pier Luigi Bersani hatte die Parlamentswahlen am vergangenen Wochenende zwar knapp gewonnen. Im Senat, der zweiten Kammer, hat aber keines der Lager eine Mehrheit. Es setzte sofort eine heftige Konfrontation zwischen Bersani, dem früheren Premier Silvio Berlusconi und dem Populisten Beppe Grillo über mögliche Koalitionen ein.
Napolitanos Konsultationen vor einem Auftrag zur Regierungsbildung werden in der zweiten März-Hälfte erwartet. Das Parlament kommt Mitte März zur konstituierenden Sitzung zusammen.
Grillo rechnet mit Zusammenbruch
Unterdessen rechnet der Überraschungssieger der Parlamentswahl in Italien, Beppe Grillo, damit, dass das politische System seines Landes noch in diesem Jahr zusammenbrechen wird.
«Ich gebe den alten Parteien noch sechs Monate – und dann ist hier Schluss», sagte der prominente Komiker dem Nachrichtenmagazin «Focus». «Dann können sie die Renten nicht mehr zahlen und auch die öffentlichen Gehälter nicht mehr.»
Der Gründer der Partei «Fünf Sterne» forderte, Italiens Staatsschulden neu auszuhandeln: «Wir werden erdrückt – nicht vom Euro, sondern von unseren Schulden. Wenn die Zinsen 100 Milliarden Euro pro Jahr betragen, sind wir tot. Es gibt da keine Alternativen.»
Grillo verglich den Staat mit einer Aktiengesellschaft: «Wenn ich Aktien einer Gesellschaft gekauft habe, die bankrott geht, dann habe ich eben Pech. Ich habe riskiert – und verloren.» Wenn sich die Bedingungen nicht änderten, wolle Italien den Euro verlassen und zur Lira zurückkehren.
Weder mit Bersani noch mit dem rechtskonservativen Silvio Berlusconi wolle er eine Koalition eingehen. Die Protestbewegung «Fünf Sterne» hatte bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus 25,5 Prozent der Stimmen errungen.