Italiens neuer Präsident ist der bisherige. Der 87-jährige Giorgio Napolitano wurde am Samstag wiedergewählt. Napolitano, der erst in der sechsten Runde der Präsidentenwahl angetreten war, wurde auf Anhieb mit Hilfe fast aller politischer Kräfte klar gewählt.
Napolitano erhielt 738 Stimmen der 1007 Stimmen der Abgeordneten, Senatoren und Regionenvertreter. Das absolute Mehr lag bei 504 Stimmen. Nach dem Scheitern zweier Kandidaten in den ersten Runden hatte sich das amtierende Staatsoberhaupt bereiterklärt, erneut anzutreten, um das Land aus der seit Wochen andauernden Regierungskrise zu führen.
Italiens erster Staatschef mit einer zweiten Amtszeit wurde mit langem Applaus gefeiert. Gegenkandidat Stefano Rodotà von der Protestbewegung «Fünf Sterne» Beppe Grillos kam auf 217 Stimmen. Der alte und neue Staatschef wird am Montagnachmittag vereidigt.
Alle grossen Parteien ausser der populistischen Protestbewegung «Fünf Sterne» hatten Zustimmung zu Napolitanos Wiederwahl signalisiert und ihn zu diesem Schritt gedrängt. Grillo nannte dies einen Staatsstreich und forderte Millionen Anhänger zum «Marsch auf Rom» auf. Die Sicherheit am Parlament wurde verstärkt.
Zuvor hatte es fünf ergebnislose Wahlgänge gegeben, weil die Kandidaten Franco Marini und Romano Prodi klar durchfielen. Das Parlament wird seit den Wahlen Ende Februar durch eine Patt-Situation gelähmt.
Bersani reichts
Diese durch Neuwahlen oder die Ernennung eines Regierungschefs aufzulösen, ist Napolitanos dringendste Aufgabe. Seine erste, siebenjährige Amtszeit endet am 15. Mai, er durfte das Parlament in Rom jedoch nicht mehr auflösen.
Der Chef der linken Demokratischen Partei (PD), Pier Luigi Bersani, hatte seinen Rücktritt angekündigt. Er zog damit die Konsequenzen aus der Tatsache, dass etwa 100 linke Parlamentarier Prodi beim vierten Wahlgang am Freitag die Stimme verweigert hatten.
«Jeder Vierte unter uns hat Verrat geübt», erklärte der gescheiterte Parteichef am späten Freitagabend in Rom. Bersani hatte mit Prodi und zuvor Marini Kandidaten ins Rennen geschickt, die beide durchfielen.
Bersanis Rücktritt war erwartet worden. Es gebe Bestrebungen, die linke Partei zu zerstören, sagte er. Abtreten wollte er nach erfolgter Präsidentenwahl. «Ich kann nicht hinnehmen, dass meine Partei dabei ist, eine Lösung zu verhindern, das ist zu viel», so Bersani. Der Linken stand es nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen Ende Februar zu, Kandidaten für das höchste Staatsamt vorzuschlagen.
Verantwortung übernehmen
Er könne sich nach den Krisengesprächen mit den Parteien beider Seiten der Verantwortung für die Einheit und den Zusammenhalt der Nation nicht entziehen, hatte Napolitano seinen Schritt kurz vor der Wahl begründet.
Er forderte dieses Verantwortungsbewusstsein auch von den politischen Kräften. In den vergangenen Monaten hatte er mehrfach eine erneute Kandidatur abgelehnt und auf sein hohes Alter verwiesen.
Napolitano empfing am Samstag neben Bersani und Berlusconi auch den noch kommissarisch amtierenden Regierungschef Mario Monti zu Krisengesprächen.
Obwohl Napolitano betonte, über andere Themen sei nicht gesprochen worden, wurde in Rom spekuliert, dass der frühere Ministerpräsident und Innenminister Giuliano Amato einen Regierungsauftrag erhalten könnte. Amato war auch als Kandidat für das Präsidentenamt im Gespräch.