Im Alter von 37 Jahren steht Ivica Kostelic vor seinem letzten Weltcup-Start. Der Kroate spricht von «zu grossen Schmerzen», als dass ihm das Skifahren noch wie früher Spass machen würde.
Er werde im Moment von allen gefragt, wann er zurücktrete, so Ivica Kostelic. Der Gesamtweltcupsieger von 2011 sagt jedoch, dass er Abschiede hasse. «Das ist wie langsam sterben.» Deshalb will er versuchen, am Freitag in Wengen die Kombination genau so zu fahren wie alle anderen Rennen zuvor.
Doch der Kroate, dessen Geschichte im Weltcup einzigartig ist, wird seine Emotionen wohl nur schwerlich im Griff halten können: «Es ist eine so grosse Liebe und so viel Leidenschaft vorhanden, dass ich es ja schon kaum aussprechen kann, dass diese Kombi mein letztes Rennen sein wird.»
Wengen als «magischer Ort»
Kostelic wird sogar pathetisch, wenn er sagt, dass es ihm am liebsten wäre, «wenn nach dem Rennen mein Geist einfach entschwinden und immer im Berner Oberland herumfliegen würde». In Adelboden und vor allem auch in Wengen («Mein magischer Ort.»), wo er mit sechs Siegen und 13 Podestplätzen der erfolgreichste Fahrer überhaupt ist, fühlte sich der drei Jahre älter Bruder von Janica immer besonders wertgeschätzt.
Der 26-fache Weltcupsieger, der seinen letzten von 60 Podestplätzen vor zwei Jahren in der Lauberhorn-Kombination errang, glaubt deshalb auch, dass «es wohl Bestimmung ist, dass ich es trotz all meiner Knieprobleme nochmals bis hierher nach Wengen geschafft habe».
Verzicht auf St. Moritz
Auch an der WM 2017 in St. Moritz, dem Ort, an welchem er vor 14 Jahren vor Silvan Zurbriggen Slalom-Weltmeister geworden war, sieht sich Kostelic nicht mehr: «Nein, das Knie lässt richtiges Skifahren nicht mehr zu. Es macht keinen Sinn. Ich brauche Abstand.» Er werde sich jetzt der Familie und seinen zwei Kindern sowie den vielen Hobbys widmen.
«Endlich habe ich mehr Zeit dafür. Ich freue mich auf das, was kommt.» Im Sommer sieht er sich jeweils einige Monate an der kroatischen Mittelmeerküste. Für die Winterzeit sei angedacht, gewisse Polar-Expeditionen zu machen. «Auch werde ich versuchen, den jungen kroatischen Skirennfahrern als Berater zur Seite zu stehen.»
Längerer Weg als Konkurrenten
Ein Gesamtweltcupsieger aus Kroatien, das schien vor dem Auftauchen der Familie Kostelic undenkbar. Was zunächst seiner Schwester Janica, in deren Schatten er viele Jahre gestanden hat, dreimal gelungen war, schaffte Ivica vor sechs Jahren. Bis er jedoch die grosse Kristallkugel in den Händen halten durfte, erlitt der Kroate zahlreiche Verletzungen und Rückschläge.
«Janica und ich mussten einen deutlich längeren Weg gehen als unsere Konkurrenten aus Österreich oder der Schweiz. Für diesen langen Weg haben wir mit vielen Verletzungen bezahlt.» So trat die vierfache Olympiasiegerin Janica aus gesundheitlichen Gründen früh, im Alter von 25 Jahren, zurück. «Über alles gesehen haben wir aber gewonnen», sagt Ivica Kostelic.
Das Geschwisterpaar aus Zagreb wurde angetrieben vom Vater Ante. Dieser, ein ehemaliger Top-Handballer, sah sich zu einem einzigartigen Familienprojekt in einer zunächst «fremden» Sportbranche berufen. Als Trainer-Autodidakt führte er seine Kinder jedoch zu den grösstmöglichen Erfolgen. Für Aussenstehende erstaunlich war vor allem der unglaubliche Trainingsaufwand, der zuvor im Skirennsport wohl noch von keinem so betrieben worden war.