Wegen einer Affäre um eine staatliche Millionen-Entschädigung an einen Geschäftsmann muss sich die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) und frühere französische Finanzministerin Christine Lagarde vor Gericht verantworten.
Frankreichs Oberster Gerichtshof machte am Freitag den Weg für das Verfahren frei. Der IWF-Chefin drohen ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von 15’000 Euro.
Die französische Justiz wirft der heute 60-Jährigen Nachlässigkeit im Umgang mit öffentlichen Geldern vor. In dem Fall geht es um eine umstrittene staatliche Schadenersatzzahlung in Höhe von 404 Millionen Euro an den Geschäftsmann Bernard Tapie.
Ein von der damaligen Finanzministerin Lagarde angerufenes privates Schiedsgericht hatte Tapie die Entschädigung im Jahr 2008 nach dem Verkauf von Anteilen des Sportartikelherstellers Adidas zugesprochen. Er hatte der damals noch staatlichen Bank Crédit Lyonnais vorgeworfen, ihn bei dem Verkauf übervorteilt zu haben.
Schnell kam aber der Verdacht auf, dass Tapie wegen seiner Nähe zum damaligen Staatschef Nicolas Sarkozy eine Vorzugsbehandlung erhielt. Gegen Tapie und mehrere weitere Verdächtige laufen inzwischen Betrugsermittlungen. Der Schiedsspruch selbst wurde im Februar 2015 für ungültig erklärt.
Lagarde wird von den Ermittlern vorgeworfen, das private Schiedsgericht eilfertig und «schlecht vorbereitet» angerufen zu haben. In der Kritik steht auch die Entscheidung, den Schiedsspruch nicht angefochten zu haben.
Lagarde beteuert, sie habe «in dieser Angelegenheit immer im Interesse des Staates und in Achtung vor dem Gesetz gehandelt». Der Internationale Währungsfonds sprach seiner Vorsitzenden am Freitag sein volles Vertrauen aus. Lagarde war erst kürzlich für weitere fünf Jahre an der Spitze des IWF bestätigt worden.
Der Prozess gegen Lagarde wird vor dem Gerichtshofs der Republik eröffnet. Er kann als einziges Gericht in Frankreich über mögliche Vergehen von Ministern bei ihrer Amtsausübung urteilen. Ein Datum für den Beginn des Verfahrens steht noch nicht fest.