Trotz des Rückenwinds durch den niedrigen Ölpreis senkt der IWF seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft. Grund dafür seien etwa schwächere Aussichten in China, Russland, Japan und im Euro-Raum.
Die globale Wirtschaftsleistung werde dieses Jahr um 3,5 Prozent zulegen und 2016 um 3,7 Prozent, teilte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Dienstag mit. Der Währungsfonds reduzierte damit die Voraussagewerte gegenüber Oktober um je 0,3 Punkte.
Unter den grossen Volkswirtschaften verbesserten sich laut IWF einzig die Chancen für die USA. Der US-Wirtschaft traut der Fonds 2015 ein Plus von 3,6 (bisher: 3,1) Prozent zu und 2016 von 3,3 (3,0) Prozent.
«Das globale Wachstum wird einen Schub vom niedrigen Ölpreis bekommen», prognostizierten die IWF-Experten. Öl habe sich seit September um rund 55 Prozent verbilligt. Der positive Effekt, dass die Kosten der Unternehmen sinken und die Kaufkraft der Konsumenten steigt, werde aber durch andere negative Einflüsse mehr als wettgemacht.
So gebe es weiter eine Investitionsschwäche in vielen Industrie- und Schwellenländern. Zudem laufe es in einigen Regionen nicht so gut wie erhofft. So seien Stagnation und niedrige Inflation nach wie vor ein Grund zur Sorge in Japan und der Euro-Zone.
Wenig Wachstum im Euro-Raum
Für die Euro-Zone erwartet der IWF 2015 nur noch einen Anstieg des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 1,2 (1,4) Prozent und für 2016 von 1,4 (1,7) Prozent. Für Deutschland sagt der IWF nur noch ein Plus von 1,3 (1,5) Prozent beziehungsweise von 1,5 (1,8) Prozent voraus. Für Frankreich wurde die Prognose leicht auf 0,9 Prozent in diesem Jahr und 1,3 Prozent im nächsten gesenkt.
Skeptischer zeigen sich die Experten für Italien. Nach drei Rezessionsjahren dürfte die drittgrösste Volkswirtschaft der Euro-Zone 2015 nur leicht um 0,4 Prozent wachsen. Für 2016 wird ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Damit kappte der IWF die Aussichten jeweils um einen halben Prozentpunkt. Für die Schweiz gab der IWF keine eigene Prognose bekannt.
Minus 3 Prozent für Russland
Noch drastischer senkte der Fonds seine Prognose für Russland und begründete dies mit dem niedrigen Ölpreis, der Rubelabwertung und der Ukraine-Krise. So werde die Wirtschaft im grössten Land der Erde in diesem Jahr um drei Prozent schrumpfen und im nächsten nochmals um ein Prozent. Zum Vergleich: Bisher hatte der IWF für 2015 noch ein leichtes Plus veranschlagt.
Skeptisch ist der Fonds auch für China. Dort werde sich die Verlangsamung der Konjunktur fortsetzen – wenn auch auf hohem Niveau. Die nach den USA weltweit zweitgrösste Volkswirtschaft dürfte demnach 2015 um 6,8 Prozent zulegen und damit weniger als zuletzt mit 7,1 Prozent erwartet.
Aufruf zu Investitionen
Der IWF plädierte dafür, die Wachstumskräfte zu stärken und rief in erster Linie Industriestaaten auf, mehr in die Infrastruktur wie Strassen, Brücken und Versorgungsnetze zu investieren.
In vielen Wirtschaftsräumen müsse die Geldpolitik die Konjunktur weiter anschieben und dabei auch unkonventionelle Schritte einleiten, betonte der IWF – ohne jedoch die Europäische Zentralbank ausdrücklich zu nennen. Die EZB entscheidet am Donnerstag darüber, ob sie ihr umstrittenes Programm zum Kauf von Staatsanleihen startet.