Ein erfahrener Diplomat folgt auf den anderen: Der Bundesrat hat Jacques de Watteville als Nachfolger für den abgetretenen Staatssekretär Michael Ambühl bestimmt. Der heutige Botschafter in China übernimmt damit die Verantwortung für das Steuerdossier.
Der 62-jährige de Watteville wird das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) ab dem 1. November leiten. Mit seiner langjährigen Erfahrung, internationalen Bekanntheit und sehr guten Vernetzung decke er die Anforderungen an den Posten optimal ab, teilte das Finanzdepartement (EFD) am Mittwoch mit.
De Watteville vertritt die Schweiz seit gut einem Jahr in Peking als Botschafter, wobei er bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mitwirkte. Zuvor war er von 2007 bis 2012 Chef der Schweizer Mission bei der Europäischen Union in Brüssel. Davor leitete er die Schweizer Botschaft in Syrien (2003-2007).
Der in Lausanne geborene de Watteville besitzt ein Doktorat in Rechtswissenschaften, ist Rechtsanwalt und schloss auch ein Studium in Wirtschaftswissenschaften ab. Bevor er 1982 in den diplomatischen Dienst trat, arbeitete er unter anderem als Delegierter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz.
Herr über viele Baustellen
Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf zeigte sich erfreut, dass de Watteville die «nicht einfache» Aufgabe antrete. Sein «riesiges Finanz- und Wirtschaftswissen» werde wichtig sein, die «vielen Baustellen» anzugehen. Persönlich schätze sie ihn als eigenständige Persönlichkeit, sagte die Bundesrätin. Er habe eine klare Haltung, trage aber loyal zur Umsetzung einmal gefällter Entscheid bei.
Nach der Beilegung des Steuerstreits mit den USA kurz vor Ambühls Abgang gehören zu diesen Baustellen unter anderem die Verhandlung von Vergangenheitsregelungen mit weiteren Staaten. Der Bundesrat setzt dabei auf das Abgeltungssteuermodell, das die Schweiz bereits mit Grossbritannien und Österreich vereinbart hat.
Was die Zukunft des Finanzplatzes betrifft, wird de Watteville unter anderem mit Verhandlungen über die Erweiterung der Zinsbesteuerung und allenfalls den automatischen Informationsaustausch mit der EU konfrontiert sein. Dabei dürfte ihm die Erfahrung aus seiner langjährigen Tätigkeit in Brüssel von Nutzen sein.
Ein weiterer Brennpunkt mit der EU ist der Marktzutritt für Schweizer Finanzinstitute, der durch neue Regeln in der EU erschwert werden könnte. Im Inland wird unter anderem das Finanzdienstleistungsgesetz, das mehr Konsumentenschutz für Anleger bieten soll, stark umstritten sein.
Interessen verteidigen
De Watteville sagte, er freue sich darauf, die Interessen der Schweiz entschlossen zu verteidigen und in der Schweiz die internationale Situation zu erklären.
Auf sein Alter angesprochen – der abgetretene Ambühl ist einige Monate jünger als de Watteville -, sagte de Watteville, im Prinzip strebe er eine vierjährige Amtszeit wie im diplomatischen Dienst üblich an. Bundesrätin Widmer-Schlumpf erwähnte, dass in Führungspositionen ein Engagement über das Ruhestandsalter möglich sei.
Michael Ambühl trat per Ende August als SIF-Chef ab. Er übernahm eine Professur für Verhandlungsführung und Konfliktmanagement an der ETH Zürich. Kurz vor seinem Abgang hatte Ambühl die Verhandlungen mit den USA über die Beilegung des Steuerstreits abgeschlossen.