Neun Monate nach dem GAU von Fukushima hat Japan die Atomruine für sicher erklärt. Ministerpräsident Yoshihiko Noda sagte am Freitag, die durch Erdbeben und Tsunami schwer beschädigten Reaktoren seien in einer Kaltabschaltung unter Kontrolle gebracht worden.
„Auch bei unvorhersehbaren Zwischenfällen kann die Strahlung am Rande der Anlage jetzt auf einem niedrigen Niveau gehalten werden“, sagte Noda.
Nach der Definition der Regierung und des Betreibers Tepco ist die Kaltabschaltung („cold shutdown“) erreicht, weil das Kühlsystem der Reaktoren atmosphärischen Druck erreicht hat und die Temperatur am Boden der Druckbehälter unter 100 Grad gehalten wird.
Gemäss der Regierung beträgt die Menge der austretenden Radioaktivität maximal ein Millisievert pro Jahr. Dieser Wert entspreche dem vor Beginn der Atomkrise zulässigen jährlichen Strahlungswert.
Die internationale Atomenergiebehörde IAEA würdigte die Anstrengungen zur Stabilisierung des AKW. Regierung und Tepco hätten „bedeutsame Fortschritte“ erzielt, erklärte IAEA-Chef Yukiya Amano in Wien.
Experten zweifeln an Aussagen
Experten und Umweltschützer werfen der Regierung einen falschen Gebrauch des technischen Begriffs der Kaltabschaltung vor, der für den Normalbetrieb von AKW geprägt wurde.
„Hier von Kaltabschaltung zu sprechen grenzt an eine bewusste Lüge“, erklärte Reinhard Uhrig von Global 2000. Die geschmolzenen Brennelemente hätten sich durch den Boden der Druckbehälter gebrannt und lägen nun als Klumpen auf dem Boden der Umhüllung. Dort wiesen sie Temperaturen von schätzungsweise 3000 Grad auf. Von einem sicheren Zustand seien die Reaktoren noch weit entfernt.
Kazuhiko Kudo, Professor für Atomtechnik an der Uni von Kyushu, wies darauf hin, dass der genaue Zustand der geschmolzenen Brennstäbe und des provisorischen Kühlsystems noch nicht zufriedenstellend überprüft sei.
Greenpeace warf der Regierung vor, den Anschein erwecken zu wollen, dass die Katastrophe zu Ende sei. „Das ist eindeutig nicht der Fall“, sagte der Japan-Chef von Greenpeace, Junichi Sato.
Geschmolzene Brennstäbe in drei Reaktoren
Im AKW Fukushima war am 11. März durch ein Erdbeben der Stärke 9,0 und einen Tsunami das Kühlsystem so schwer beschädigt worden, dass die Brennstäbe in den Reaktoren 1 bis 3 schmolzen.
Gemäss Regierungschef Noda sollen nun die Aufräumarbeiten und der Rückbau der Atomruine beginnen. Zunächst sollen die verbrauchten Brennstäbe in den Abklingbecken der Reaktoren 1 bis 4 beseitigt werden. Das soll zwei Jahre dauern. Innerhalb von zehn Jahren sollen dann die geschmolzenen Brennstäbe herausgeholt werden. Der Rückbau kann laut Experten bis zu 40 Jahre dauern.