Neuwahlen, Konjunkturpaket, spätere Steuererhöhung: Ministerpräsident Shinzo Abe reagiert mit einem Bündel an Massnahmen auf den Rückfall Japans in die Rezession. Damit will er sich Rückendeckung für seinen wirtschaftspolitischen Kurs («Abenomics») sichern.
«Ich kenne die Kritiken, wonach ‚Abenomics‘ gescheitert ist und nicht wirkt», sagte der Regierungschef am Dienstag auf einer Medienkonferenz in Tokio. Aber es sei der einzige Weg, um die Deflation zu beenden und die Wirtschaft wiederzubeleben.
Das Parlament werde bereits am 21. November aufgelöst, kündigte der erst seit knapp zwei Jahren amtierende Abe an. Eigentlich wären die Wahlen erst 2016 fällig gewesen. Sollte seine Partei LDP mit dem Koalitionspartner Komeito die Mehrheit verlieren, werde er umgehend zurücktreten, sagte Abe.
Mit der Neuwahl – die am 21. Dezember erfolgen könnte – will er sich Rückendeckung für seinen Kurs holen, mit dem die Wirtschaft durch einen Mix aus einer extrem lockeren Geldpolitik, Reformen und Mehrausgaben wieder in Schwung gebracht werden soll. Angesichts einer zerstrittenen Opposition gilt laut Umfragen eine Mehrheit für die gemässigt konservative und wirtschaftsnahe LDP als sicher.
Steuererhöhung bremste Konsum
Als neuen Termin für die zweiten Stufe der Mehrwertsteuererhöhung nannte Abe den April 2017. «Eine nochmalige Verschiebung wird es nicht geben», sagte er. Möglich seien aber Ausnahmen für Waren des täglichen Bedarfs.
Ursprünglich sollte der Steuersatz im Oktober 2015 auf 10 Prozent steigen, nachdem er bereits am 1. April von 5 auf 8 Prozent angehoben worden war. Dies hatte die nach den USA und China drittgrösste Volkswirtschaft der Welt in eine Rezession gestürzt, da sich die Konsumenten mit Käufen zurückhielten.
Die Anhebung sei unausweichlich, um die steigenden Sozialausgaben zu bezahlen, sagte Finanzminister Taro Aso. Japan ist so hoch verschuldet wie kein anderes Industrieland der Welt. Gleichzeitig kämpft es mit Überalterung und sinkender Bevölkerungszahl.
Abe braucht Wahl kaum zu befürchten
Mit Hilfe von «Abenomics» sollte die Wirtschaft wieder in Schwung gebracht werden. Auch die jahrelange Deflation – ein für die Wirtschaft schädlicher Preisverfall auf breiter Front – sollte damit endgültig beendet werden. Konsumenten hatten sich in Erwartung fallender Preise mit Käufen zurückgehalten, was die Unternehmen viel Umsatz kostete und Investitionen sowie Neueinstellungen behinderte.
Kritiker werfen der Regierung vor, dass von der damit einhergehenden Abwertung des Yen nur die Grosskonzerne profitieren, deren Waren im Ausland dadurch preislich attraktiver werden. Der Durchschnittsjapaner bezahle dies dagegen mit höheren Preisen – diese steigen derzeit schneller als die Löhne, was zu Kaufkraftverlusten führt.
Die Opposition hält die Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung für gescheitert. Diese habe «keinerlei positiven Auswirkungen auf das Leben der Menschen gehabt», sagte der Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Partei, Banri Kaieda.
Doch angesichts der schwachen und gespaltenen Opposition hat Abe nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Robert Dujarric von der Temple University in Tokio kaum etwas zu befürchten. Seine Koalition, die derzeit eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat, werde höchstens einige Mandate einzubüssen, sagte der Asienexperte.