«Jean Ziegler, l’optimisme de la volonté» ist am Sonntag auf dem Festival del film in Locarno uraufgeführt worden. Zieglers einstiger Student Nicolas Wadimoff konfrontiert darin den glühenden Anhänger der kubanischen Revolution mit der heutigen Realität.
Ziegler ist im Film sichtlich angetan von Havanna: Keine Reklame! Kein Stau! Kaum Müll, schwärmt er seiner Frau im Taxi vor. Später, als er offenbar wegen Herzbeschwerden in einem örtlichen Spital liegt, findet er auch das kubanische Gesundheitswesen grossartig.
Und nachdem er vom Fernsehen interviewt worden ist, ist er überzeugt, dass in Kuba Rede- und Presse-Freiheit herrscht – worauf der auf den hintersten Platz gefüllte Saal in herzliches Gelächter ausbricht.
Doch ganz so einfach, wie es scheint, ist es dann doch nicht: Ziegler ist kein kritikloser Apologet, sondern ganz im Sinn des Filmtitels ein Mann mit dem festen Willen zum Optimismus. Es sei nicht an der Zeit für Kritik, bevor die Revolution nicht zu ihrem Ende gekommen sei, sagt er im Film. Erst wenn das Embargo der USA vollständig aufgehoben sein werde, werde er über Missstände sprechen, die er durchaus erkenne.
Wadimoff flicht in den Hauptstrang der gemeinsamen Kubareise mit seinem Protagonisten eine konzentrierte, konzise Zusammenfassung von Zieglers Leben und Wirken von der Kindheit in Thun bis zu seiner bis heute dauernden Arbeit im Beratenden Ausschuss des Menschenrechtsrats der UN. Aktuell liegt ihm vor allem der Kampf gegen die sogenannten Geierfonds, mit denen schuldenbelastete Staaten ausgenommen werden, am Herzen.
Kommentarlos, aber nicht unkritisch
Der Regisseur zeigt auch den charismatischen Redner, der zum Beispiel letztes Jahr am Alternativgipfel am Rande des G7-Treffens die Massen zu Begeisterungsstürmen hinriss. Und den Buchautor, der in überfüllten Lesesälen seinen Fans halbseitige Widmungen in die Bücher schreibt. Und, ganz selten, den 82-Jährigen, der über den Tod nachdenkt, den er für «inakzeptabel» hält.
Wadimoff geht fair und respektvoll mit seinem Protagonisten um, lässt ihn kommentarlos selber wirken. Das ist manchmal einseitig, aber nicht immer, Ziegler übt durchaus Selbstkritik. Für einige Dinge, die er getan habe, sagt er, sei der Begriff «Dummheit» viel zu schwach – beispielsweise im Zusammenhang mit Muammar al-Gaddafi, zu dem er viel zu freundlich gewesen sei.
Der Film, der in Locarno ausser Konkurrenz läuft, startet Anfang November in der Romandie; das Deutschschweizer Startdatum steht offenbar noch nicht fest. In Locarno ist er noch am 9. und am 12. August zu sehen,