Ein Blick in Schweizer Schlafzimmer zeigt: Ein durchschnittlicher Mann hatte in seinem bisherigen Leben mit sieben Menschen Sex, eine durchschnittliche Frau mit sechs. Allerdings gibt es grosse Unterschiede.
So hatte fast jede fünfte Person bereits 20 oder mehr Sexualpartner, wie die Studie «Sex in der Schweiz» der Forschungsstelle sotomo zeigt, die am Montag veröffentlicht wurde. Bei den Männern hatten 23 Prozent der befragten 18- bis 64-Jährigen mit mindestens 20 Menschen Sex, bei den Frauen 14 Prozent. Frauen und Männer, die in ihrem bisherigen Sexualleben nie ihren Partner oder ihre Partnerin gewechselt haben, gehören mit je 13 Prozent klar zur Minderheit.
Besonders viele Sexualpartner haben Frauen mit einer bisexuellen, Männer mit einer homosexuellen Identität sowie Männer, die für Sex bezahlen. Ein durchschnittlicher heterosexueller Mann hatte mit sieben Frauen Geschlechtsverkehr. Bei homosexuellen Männern liegt dieser Medianwert rechnerisch bei 14,7 Sexualpartnern. Bisexuelle Männer hatten 11,3 Partner.
Homosexuelle Frauen haben im Durchschnitt mit 6,1 Personen Sex, heterosexuelle Frauen mit 5,6. Frauen mit einer bisexuellen Identität haben mit 13,5 den höchsten Medianwert unter den Frauen.
Diese Zahlen berücksichtigen alle Befragten und entsprechen also nicht der Zahl der Sexualpartner bis zum Ende des Lebens, sondern bilden eine Momentaufnahme ab, wie die Studienautoren schreiben. Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Zahl der Partner im Lauf des Lebens zunimmt.
«Stop-Aids-Generation» ist zurückhaltender
Das zeigen auch die Daten: 55- bis 64-Jährige bringen es auf deutlich mehr Sexualpartner als die Gruppe der 35- bis 54-Jährigen. Allerdings lässt sich dies «kaum mit einem wechselvolleren Sexualleben in den späteren Lebensjahren erklären», wie es heisst. Die höhere Zahl spiegelt weniger das gegenwärtige als das vergangene Liebesleben.
In jüngeren Jahren hatte die Gruppe mit Jahrgängen 1951 bis 1960 offenbar mehr Partnerwechsel als die heute 35- bis 54-Jährigen. Die Autoren führen dies auf ein «Relikt aus der Zeit der sexuellen Revolution und der freien Liebe» zurück. Mit der Verbreitung von HIV und Aids in den 1980er-Jahren standen im öffentlichen Diskurs mehr die Gesundheitsrisiken im Vordergrund, was zur geringeren Zahl an Sexualpartnern bei der «Stop-Aids-Generation» geführt haben könnte.
Gelegenheitssex und Fremdgehen ohne Kondom
Trotzdem hatte knapp die Hälfte der Befragten in ihrem bisherigen Leben schon mindestens einmal Gelegenheitssex ohne Kondom. Männer (51 Prozent) etwas häufiger als Frauen (45 Prozent).
Auch Fremdgehen ist bei vielen kein Tabu: 27 Prozent der Befragten – 31 Prozent der Männer und 24 Prozent der Frauen – gingen in einer festen Beziehung schon einmal fremd. Von ihnen verzichtete wiederum etwas mehr als die Hälfte mindestens einmal auf Kondome. Dieser ungeschützte Sex wird dann auch von jedem oder jeder Zweiten dem festen Partner verschwiegen.
40 Prozent der Befragten wünschen, vom Arzt oder der Ärztin auf ihr Sexualverhalten und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken angesprochen zu werden. Demgegenüber möchten 50 Prozent dies nicht.
Für die Studie befragte sotomo im Auftrag der «Love Life-Kampagne» des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zwischen dem 29. Juli und dem 28. August knapp 30’000 Menschen online. Die Daten wurden anschliessend repräsentativ gewichtet.