Sie werden angeschrien oder blamiert, verängstigt oder isoliert, manche werden finanziell ausgenommen oder geschlagen: Jeder sechste Mensch über 60 Jahren wird nach neuen Schätzungen missbraucht oder schlecht behandelt. Die Weltgesundheitsorganisation schlägt Alarm.
Betroffen seien 141 Millionen Menschen weltweit, berichtet die WHO zum «Welttag gegen die Misshandlung alter Menschen». Frauen und Männer waren gleichermassen betroffen. Bei den Studien, die mit Unterstützung der WHO zum Thema ausgewertet wurden, ging es vor allem um Menschen, die zu Hause betreut werden.
«Die Misshandlung alter Menschen nimmt zu», sagte Alana Officer von der WHO-Abteilung, die sich mit Fragen des Alterns beschäftigt. «Wir müssen mehr tun, um Misshandlungen zu verhindern, und wir müssen uns mit der wachsenden Häufigkeit verschiedener Misshandlungsformen auseinandersetzen.»
Misshandlungen alter Menschen verstiessen gegen die Menschenrechte, heisst es im Bericht, der im Fachmagazin «Lancet Gobal Health» erschienen ist. Sie hätten schwerwiegende Folgen: Die Opfer würden öfter krank, müssten öfter in Spitäler oder Heime eingewiesen werden und hätten ein höheres Sterberisiko.
Thema in Medien unterrepräsentiert
Die Forscher haben 52 Studien aus 28 Ländern ausgewertet und glauben, dass das Problem bislang unterschätzt worden ist. 11,6 Prozent der Menschen würde psychisch unter Druck gesetzt, 6,8 Prozent finanziell betrogen, 4,2 Prozent vernachlässigt, 2,6 Prozent erlebten Gewalt und 0,9 Prozent würden sexuell missbraucht.
Studien aus einzelnen Ländern variierten erheblich, mit nur 2,2 Prozent Missbrauchsrate in Irland, aber 36 Prozent in China, 61 Prozent in Kroatien und sogar 80 Prozent in Peru. Die Autoren betonen aber, das es keine klare Definition von Missbrauch gebe, was einen Teil der Variationen erkläre.
«Obwohl eine von sechs älteren Personen betroffen ist, hat dieses Thema in Debatten um die öffentliche Gesundheit nicht dieselbe Priorität wie andere Formen der Gewalt», so die Studienautoren.
Mit der Alterung der Bevölkerung werde die Zahl der Betroffenen aber rapide steigen, womöglich auf 330 Millionen Opfer bis 2050. Sie rufen zu einem weltweiten Aktionsplan auf, um diese Gewalt zu stoppen und Opfer zu schützen.