Gut gelaunt und gesprächig präsentierte US-Schauspieler Johnny Depp am Freitag gemeinsam mit Regisseur Scott Cooper und den Co-Stars Joel Edgerton und Dakota Johnson den Mafiastreifen «Black Mass».
Depp bescherte den Filmfestspielen Venedig den ersten grossen Massenandrang ihrer 72. Ausgabe. Erstmals drängten sich Menschen im grossen Pressekonferenzen-Saal des Casinos, und Hunderte Fans harrten schon ab dem frühen Morgen in der prallen Sonne am roten Teppich vor dem Palazzo del Cinema aus.
In dem auf wahren Begebenheiten basierenden Film verkörpert Depp den berüchtigten Mafiaboss James «Whitey» Bulger, der sein «White Hill»-Imperium in Boston ab Mitte der 70er-Jahre mithilfe einer beiderseitig profitablen Allianz mit dem FBI-Agenten John Connolly (Edgerton) ausbaute.
Für die Rolle hat sich der Schauspieler einmal mehr optisch verwandelt, ist mit schütterem, blondem Haar und blauen Augen kaum wiederzuerkennen. «Es war mir wichtig, Jimmy Bulger so ähnlich zu sehen wie menschlich möglich», so Depp. «Meine Augen sind schwarz, also mussten blaue Kontaktlinsen her. Sie waren handgemalt, weil sie stechend sein sollten, so sehr, dass sie dich mit Blicken direkt durchbohren.»
Depp als «nationales Kulturgut»
Zum zweiten Mal nach seiner Darstellung des Bankräubers John Dillinger in «Public Enemies» schlüpft Depp damit in die Rolle eines realen Kriminellen. «Ich hab das Böse in mir selbst vor einer langen Zeit entdeckt und es akzeptiert», meinte er schelmisch grinsend.
«Man muss einer Figur wie James Bulger als Mensch begegnen. Keiner wacht am Morgen auf, rasiert sich, putzt sich die Zähne und denkt sich dann beim Blick in den Spiegel: ‚Heute werde ich etwas Böses tun.‘ Gewalt war einfach Teil des Geschäfts, in dem er gearbeitet hat, und eine Art universelle Sprache, die all jene verstanden haben, mit denen er zu tun hatte und die ihm gegenüberstanden.»
Für Regisseur Cooper ist das Unterfangen, den aktuell eine lebenslange Haft absitzenden Bulger wahrheitsgetreu darzustellen, definitiv gelungen. «Ich habe Johnny über die Jahre als einer der gefühlvollsten, sanftmütigsten Menschen überhaupt kennengelernt», schwärmte der 45-Jährige.
Zu sehen, wie Depp sich in diesen Soziopathen verwandelt, war erstaunlich. So eine Transformation habe ich noch von keinem anderen Schauspieler gesehen.« Depp gehe mehr Risiken ein als andere Schauspieler, sei mittlerweile »ein nationales Kulturgut“.
Gerüchte um Alkoholexzesse
Als Schauspieler müsse man sich stets herausfordern, «und auch mal das Risiko eingehen, dass man auf die Schnauze fällt und wie ein kompletter Arsch aussieht», so Depp. «Mich hat es immer schon mehr interessiert, ein Charakterdarsteller zu sein, als ein Aushängeschild, zu dem man mich vor ungefähr 100 Jahren einmal machen wollte.»
Sein Auftritt an der Pressekonferenz heizte die Gerüchte um Depps angebliche Alkoholexzesse weiter an. Tatsächlich schien der 52-Jährige am Freitag in Venedig etwas zu lallen. Er kam mit einer Flasche in der Hand an die Pressekonferenz, versicherte aber: «Das ist ohne Alkohol».