Italiens Senat hat den verurteilten Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi aus seinen Reihen ausgeschlossen. Der 77-Jährige verliert damit sein wichtigstes politisches Amt und darf sechs Jahre lang nicht wieder kandidieren. Das löste Trauer und Jubel aus in Italien.
Während die Anhänger des «Cavaliere» vor Berlusconis Residenz Palazzo Grazioli ihre Solidarität mit dem vom Senator zum einfachen Bürger degradierten Ex-Premier signalisierten, liessen Anhänger der Berlusconi-kritischen Bewegung «lila Volk» die Korken knallen.
Parlamentarier der «Fünf Sterne»-Bewegung rollten im Senat Spruchbänder gegen Berlusconi aus, während einige zum Zeichen der Trauer in schwarz gekleidete Senatorinnen der Berlusconi-Partei Forza Italia trostlos den Kopf schüttelten.
Marina Berlusconi, älteste Tochter des Medientycoons und Chefin seiner TV-Holding Fininvest, betonte in einer Medienmitteilung, Italien sollte sich für all das schämen, was ihr Vater erleiden müsse. «Die Politik wird es bereuen, vor einer Justiz kapituliert zu haben, die all jene zerstört, die ihre Übermacht in die Schranken weisen wollen», kommentierte Marina Berlusconi.
«Todestag der Demokratie»
«Italien verdient nicht einen Mann, den Millionen von Italienern mit ihren Stimmen gewählt haben, der jedoch vom Parlament wegen einer absurden Verurteilung ohne Beweise ausgeschlossen wird», sagte die 46-jährige Unternehmerin. Ihr Vater sei nicht politisch am Ende und werde weiterhin als Chef der Forza Italia in der Politik bleiben.
«Heute ist der Todestag der Demokratie in Italien. Der Chef der Mitte-rechts-Allianz wird aus dem Parlament rausgeworfen», betonte der Fraktionschef der Forza Italia (FI) im Senat, Paolo Romani. «Parlament und Linke haben sich mit blinder Wut gegen Berlusconi verbündet, doch Berlusconi ist wie Phönix, der aus der Asche immer wieder aufersteht», kommentierte die FI-Senatorin Anna Maria Bernini.
Alfano solidarisch
Solidarisch mit Berlusconi erklärte sich Ex-Innenminister Angelino Alfano. Die langjährige «rechte Hand» des Medienzaren hatte sich vor zwei Wochen von ihm getrennt und die Mitte-rechts-Partei NCD (Neue Rechte Mitte) gegründet.
«Heute haben wir einen schlimmen Tag für das Parlament und Italien erlebt», betonte Alfano. Im Gegensatz zu Berlusconis Forza Italia, die am Dienstag aus der Regierungskoalition um Premier Enrico Letta ausgetreten ist, will Alfano dem Kabinett treu bleiben.
Mit dem Entscheid hat Berlusconi zum ersten Mal seit 1994 keinen Parlamentssitz mehr inne und verliert seine Immunität vor Strafverfolgern. Er und seine Partei hatten bis zuletzt alles versucht, um den Ausschluss des dreimaligen Regierungschefs zu verhindern. Auch Staatspräsident Giorgio Napolitano wurde vergeblich aufgefordert, ihn zu begnadigen.
Für die Stabilität der Letta-Regierung hatte der Ausschluss keine unmittelbaren Folgen. Ministerpräsident Enrico Letta gewann in der Nacht auf Mittwoch eine Vertrauensabstimmung zum Etat 2014.
Warnung vor «Staatsstreich»
Berlusconis Unterstützer versuchten bis zuletzt mit allen Mitteln, den Ausschluss aus dem Senat zu verhindern. Sie warnten am Nachmittag in Rom vor einem «Staatsstreich» oder dem «Ende der Demokratie».
Berlusconi sicherte seinen Anhängern zu, in der Politik aktiv zu bleiben. «Ich ziehe mich nicht in irgendein Kloster zurück, wir sind hier, wir bleiben hier», rief er. «Auch ausserhalb des Parlaments kann man immer noch kämpfen, für die Freiheit einstehen.»
Die Abstimmung über Berlusconis Ausschluss ist eine Konsequenz aus dessen erster rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerbetrugs. Er war Anfang August in einem der zahlreichen Prozesse gegen sich in letzter Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt worden.