Die wichtigste Literaturauszeichnung in Deutschland geht dieses Jahr an Jürgen Becker. Dieser zeigte sich überrascht: «Ich habe weder damit gerechnet, noch darauf gewartet», sagte der 81-Jährige.
Er freue sich, dass sein Werk durch die wichtigste literarische Auszeichnung im deutschsprachigen Raum «für einen Augenblick mehr in den Vordergrund rückt», erklärte Becker. Gleichzeitig mache ihn der Preis verlegen, gibt der Schriftsteller zu, der sich als Lyriker, Prosa-Autor und Verfasser von Hörspielen einen Namen machte.
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung begründete die mit 50’000 Euro verbundene Ehrung damit, dass Becker in seinem über Jahrzehnte gewachsenen Werk «die Gattungsgrenzen von Lyrik und Prosa beharrlich neu vermessen und verändert» habe.
Becker schrieb seine ersten Texte Anfang der 50er Jahre, nachdem er in einer Mainacht unglücklich verliebt im Birnbaum seiner Grosseltern gesessen hatte. «Da gingen mir plötzlich Verse durch den Kopf. Ich bin in mein Zimmer gegangen und habe sie aufgeschrieben», erzählte der gebürtige Kölner.
Von diesem Moment an habe er ein enormes Ausdrucksverlangen gehabt. «Das war etwas, das in mir drin ist. Da will etwas zur Sprache kommen, da will etwas ausgedrückt werden», sagte er.
Verändert durch Mauerfall
Nach einem abgebrochenen Studium der Theaterwissenschaften, Kunstgeschichte und Germanistik wurde Becker 1964 Lektor im Rowohlt Verlag. Im gleichen Jahr erschien sein erster Prosaband «Felder», in dem er verschiedene Gattungen miteinander vermischte.
Auch mit seinen Bänden «Ränder» (1968) und «Umgebungen» (1970) wurde er als Verfasser experimenteller Literatur bekannt. Damit habe er versucht, seine «eigene Stimme» zu finden und sich freizumachen.
Beruflich machte Becker erst als Leiter des Suhrkamp Theaterverlags und als Leiter der Hörspielredaktion des Deutschlandfunks Karriere. Nach 1990 setzte Becker sich intensiv mit seiner Kindheit in Thüringen auseinander, wo er von 1939 bis 1947 lebte: «Je älter ich werde, hat die Kinderzeit eine immer stärkere Bedeutung bekommen. Vor allem mit dem Fall der Mauer und der Deutschen Einheit. Das hat mich sehr verändert.»
Bereits vor dem Mauerfall hatte er 1988 im «Gedicht von der wiedervereinigten Landschaft» an Thüringen erinnert. Es folgten unter anderem 1993 sein Gedichtband «Foxtrott im Erfurter Stadion» und 1999 der Roman «Aus der Geschichte der Trennungen».
2012 erschien Beckers «Scheunen im Gelände. Gedichte mit Collagen von Rango Bohne». Zu seinem 80. Geburtstag kam zudem mit «Wie es weiterging. Ein Durchgang.» eine Auswahl von Prosawerken aus fünf Jahrzehnten heraus. Sein neues Buch wird ein Journalroman sein, mit dem Titel «Was wir noch wissen». Noch dieses Jahr möchte Becker es fertigstellen.