Die psychische und körperliche Gesundheit von Jugendlichen im Gefängnis ist schlecht. Gemäss zwei Studien, die im Jugendgefängnis von la Clairière in Genf durchgeführt wurden, sind vor allem junge Mädchen eine besonders verletzliche Gruppe.
Ein Team um Dagmar Haller vom Universitätsspital Genf (HUG) hat sich das Befinden von insgesamt 314 Jugendlichen zwischen 11 und 19 Jahren angesehen. Alle wurden 2007 inhaftiert, und 18 Prozent davon waren junge Mädchen. Insgesamt 195 Jugendliche wurden im Jungendgefängnis von einem Arzt untersucht.
Die Ergebnisse: 80 Prozent der Untersuchten – 78 Prozent der Jungen und 89 der Mädchen – litten an mindestens einem körperlichen Problem. 60 Prozent wiesen ein psychisches Leiden auf, nämlich die Hälfte der Jungen und sogar drei Viertel der Mädchen.
Dazu kommt, dass zwei Drittel der jungen Leute legale oder illegale Substanzen missbrauchten. Beim Tabak waren es 65 Prozent, bei Cannabis 31 und bei Alkohol 26 Prozent. Der Gebrauch von anderen Drogen wie Heroin, Kokain oder Benzodiazepinen war jedoch sehr selten, anders als in Erwachsenengefängnissen.
Unter den körperlichen Beschwerden standen Hautprobleme an erster Stelle (50 Prozent), gefolgt von Problemen der Luftwege (24 Prozent). Eines von vier jungen Mädchen litt unter gynäkologischen Problemen wie dem Ausbleiben der Regel. 13 Prozent hatten sexuell übertragene Krankheiten wie Chlamydia, und 9 Prozent waren schwanger. Ebenfalls häufig war bei den Mädchen die Selbstverstümmelung, die auf psychische Beschwerden deutet (24 Prozent).
Zahnbehandlung benötigt
Jeder zehnte Jugendliche musste sich zudem wegen eines akuten Zahnproblems behandeln lassen, wie die im Fachblatt „Acta Paediatrica“ veröffentlichte Studie ergab. Nicht zuletzt litten viele der jungen Leute zugleich an mehreren körperlichen und psychischen Beschwerden.
Die Studie, die im Jahr 2010 erschien, war die erste, die sich mit den Bedürfnissen nach medizinischer Erstversorgung in einem europäischen Jugendgefängnis auseinandersetzte. Die Resultate „sind typisch für eine unterversorgte Bevölkerungsgruppe und zeigen, wie wichtig es ist, für die Jugendlichen einen Zugang zu medizinischer Versorgung zu schaffen“, sagte Haller zur Nachrichtenagentur sda.