Jukebox als Statement gegen die Kurzlebigkeit

Iris und Beat Lang aus Muttenz haben sich vor 22 Jahren ihren Jugendtraum erfüllt und eine Jukebox angeschafft. Die Begeisterung führte zu einer Privatsammlung von Songs, Automaten und daneben auch zur Gründung des Jukebox Club Schweiz.

Beat und Iris Lang flankieren ihre Ami Continental aus dem Jahr 1961.

Iris und Beat Lang aus Muttenz haben sich vor 22 Jahren ihren Jugendtraum erfüllt und eine Jukebox angeschafft. Die Begeisterung führte zu einer Privatsammlung von Songs, Automaten und daneben auch zur Gründung des Jukebox Club Schweiz.

Diese Familie ist «In The Mood»: Bei den meisten Menschen macht es nur Dingdong, bei Familie Lang in Muttenz aber spielt eine ganze Big Band, wenn man klingelt. Das Glenn Miller Orchestra bläst zur Ankündigung eines Gastes. Wir verstehen schon vor der Eingangstür: Hier spielt die Musik. 

Tatsächlich hören Iris und Beat Lang leidenschaftlich gerne Musik. Auf drei Stockwerke verteilt sind sechs Jukeboxes aufgestellt. Alle in exquisitem Zustand, einige mehr als 50 Jahre alt. Systematisch haben Langs die Boxen mit Platten bestückt – eine mit Jazz, eine mit Rock’n’Roll und Rhythm’n’Blues, eine andere wiederum mit Pop. Da sind Liebhaber am Werk. 

Jugendträume wahr gemacht

Fasziniert haben sie die Automaten schon in ihrer Jugend. Iris Lang wuchs als Wirtstochter auf, die Jukebox lieferte den Soundtrack zu ihrer Adoleszenz. Er wiederum war einst DJ. Beide träumten sie immer von einer eigenen Jukebox.

1992 wurde Iris Lang von ihrem Mann zum Geburtstag überrascht. Er schenkte ihr eine Ami Imperial aus dem Jahr 1976 – günstig von einem Kollegen erstanden. «Ich habe mich gefreut, aber – ganz ehrlich – das schönste Modell war es nicht», sagt sie heute und lacht herzhaft. Das Paar war auf den Geschmack gekommen und sparte von nun an für eine zweite. Eine Fiesta, ebenfalls des US-Herstellers Ami. Es sollte nicht ihre letzte bleiben.

Ein Verein für Gleichgesinnte

Auf der Suche nach Gleichgesinnten, stellten sie fest, dass die Szene überhaupt nicht organisiert war. Also riefen sie 1994 den Jukebox Club Schweiz ins Leben. Mit dem Internetzeitalter und einem entsprechenden Auftritt im Netz wurde der Club präsenter. Heute zählt er 100 Mitglieder.

Die Jukebox-Preise sind nicht gleich stark gestiegen wie die Mitgliederzahl. Zumindest nicht, wenn man den Marktwert kennt, der sich bei einem erstklassig restaurierten, gesuchten Schmuckstück im fünfstelligen Bereich bewegen kann. Vor schlechten Erfahrungen mit Händlern kann die Club-Mitgliedschaft schützen. Man steht sich mit Rat und Tat zur Seite. Erscheint ein Abzocker auf der Bildfläche, ist dieser rasch entlarvt und die Sammler sind gewarnt. «Im Club sind nur zwei, drei Händler, die wir auch kennen. Die anderen Mitglieder sind Hobbybastler oder lieben wie wir einfach den Lifestyle und die Musik aus diesen Zeiten.»

Man hilft sich bei der Beschaffung von Ersatzteilen, Anschaffungen oder Verkäufen. Zudem finden auch Treffen statt. Und einmal im Jahr ist man in Fribourg an der Oldies-Messe «Retro Technica» präsent, manchmal reisen sie auch nach Holland, wo die weltgrösste Jukebox-Ausstellung stattfindet. 

Die Beständigkeit der Schallplatten

Nicht nur die Jukeboxes, auch die Tonträger haben Langs ins Herz geschlossen. «Vinyl und Schellack halten sich gut, wenn man sie anständig behandelt», sagen sie und erinnern an die vorlauten Versprechen der Industrie, als diese in den 80ern bei der Einführung der Compact Disc von einem Tonträger für die Ewigkeit schwärmte. «Heute wissen wir, dass diese Ewigkeit nach 30 Jahren enden kann. Ich habe CDs aus dieser Zeit, die nicht mehr fehlerfrei abspielbar sind», sagt Iris Lang. «Für uns sind die Jukeboxes und Platten auch ein Statement gegen die Kurzlebigkeit.»

Was nicht heisst, dass man nichts dafür tun muss: So verstreicht kein Monat, ohne dass sie die Jukeboxen laufen lassen. «Das ist wichtig, damit die Mechanik nicht einrostet.» Dennoch kann es sein, dass mal eine Reparatur ansteht. Da ist Geduld gefragt, da es in der Schweiz kaum mehr Fachleute gibt auf diesem Gebiet.

Von Wurlitzer bis Tonomat

Eine ihrer Anschaffungen, die sie in dürftigem Zustand aufgestöbert hatten, benötigte eine komplette Restaurierung. Ein gutes Jahr mussten sie warten. Das hat sich aber gelohnt. All ihre Boxen sind Blickfänge, von zwei Wurlitzern über die seltene deutsche Tonomat Teleramic bis zu einer prächtigen Ami Continental, wie die Tonomat aus dem Jahr 1961.

Sind die Sammler also wunschlos glücklich? Ja, sagt sie. Naja, sagt er. Ein Modell fehlt ihm noch zur ultimativen Freude. Eine Jukebox, die man an die Wand hängen könnte würde den Rest ideal ergänzen. Wo sie aufgrund des Platzmangels in ihrem Zuhause hinkäme, das wüsste Beat Lang auch schon: «In die Küche.»
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jukeboxclubschweiz.ch

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