Junge Honigbienen beeinflussen die Organisation des Bienenstaats: Sie bringen ältere Artgenossen dazu, Aufgaben ausserhalb des Nests zu übernehmen, und verkürzen damit deren Lebenserwartung. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Agroscope und der Uni Bern.
Die Honigbienen, die wir vom Frühjahr bis Spätsommer von Blüte zu Blüte summen sehen, gehören zu den Ältesten ihres Volkes. Je nach Alter übernehmen Bienen nämlich unterschiedliche Aufgaben: Als Jungbienen kümmern sie sich um die Eier, die die Bienenkönigin legt, und versorgen die Larven. Später bauen und verteidigen sie das Nest, bevor sie schliesslich den Bienenstock verlassen, um Nahrung zu sammeln.
Wie genau die Arbeitsaufteilung unter den Bienen-Arbeiterinnen erfolgt, sei noch wenig bekannt, schrieb die Forschungsanstalt Agroscope am Dienstag in einer Mitteilung. Forschende um Vincent Dietemann von der Agroscope und Peter Neumann von der Uni Bern haben untersucht, welchen Einfluss die Jungbienen auf die Arbeitsorganisation haben.
Schwer unterscheidbare Wirkung
Deren Einfluss war bisher unbekannt, da in früheren Studien experimentell die Larven und jungen Arbeiterinnen zusammen entfernt wurden, hiess es weiter. Dabei hatte sich gezeigt, dass sich durch das Entfernen der Brut die Lebenserwartung der älteren Arbeiterinnen verlängerte. Der Effekt der Larven liess sich dabei jedoch nicht von dem der ebenfalls entfernten Jungbienen unterscheiden.
«Durch eine experimentelle Trennung der Effekte von Larven und jungen erwachsenen Bienen auf das restliche Bienenvolk konnten wir zum ersten Mal die Rolle beider Faktoren auseinander halten», sagte Dietemann gemäss der Mitteilung. Dadurch zeigte sich, dass sowohl die Anwesenheit von Brut als auch die von jungen erwachsenen Bienen die Lebenserwartung der Älteren deutlich verkürzten.
Die jungen Arbeiterinnen tragen also offenbar dazu bei, dass ihre älteren Kolleginnen den «Jobwechsel» hin zur Sammeltätigkeit früher vollziehen. Dadurch beschleunigt sich deren Alterung, da die Sammelbienen ausserhalb des Nests verschiedenen Gefahren wie Krankheiten, Räubern und ungünstiger Witterung ausgesetzt sind. Ein bis zwei Wochen nach Beginn ihrer Sammeltätigkeit sterben die Bienen.
Relevant für die Praxis
Die Erkenntnisse aus der im Fachblatt «Experimental Gerontology» veröffentlichten Studie haben auch Bedeutung für die Imkerei: Manchmal müssen Imker Larven und Jungbienen entfernen, zum Beispiel wenn sie das Bienenvolk gegen die Varroa-Milbe behandeln. Da die Arbeiterinnen nach Entfernen ihrer jüngeren Artgenossinnen länger leben, können sie den Verlust kompensieren und als Staat weiter funktionieren.
Da Honigbienen ausserdem als Modellorganismus für die Altersforschung dienen, tragen die Ergebnisse auch ein weiteres Puzzlestückchen zum Verständnis von Alterungsprozessen im Allgemeinen bei, schrieb die Agroscope. Interessant ist die Alterung bei Honigbienen zum Beispiel deshalb, weil ihre Lebensdauer sehr variabel ist.
Zum Beispiel leben die im Spätsommer geschlüpften «Winterbienen» besonders lange. Sie halten die Temperatur im Bienenstock während des Winters konstant und ziehen im Frühjahr wieder die erste Brut auf. Erst danach werden sie zu Sammlerinnen und sterben kurz darauf.