Zwei Monate vor dem Eidgenössischen Schwingfest in Estavayer kommt man um eine Erkenntnis nicht herum: Die Jüngsten unter den bösen Schwingern haben vor den Arrivierten keinen zu grossen Respekt mehr.
Was verbindet den 8. Mai und den 26. Juni dieses Jahres? Es sind die Sonntage, die die älteren Favoriten für das Eidgenössische von Ende August in Estavayer eindringlich warnen vor der Kampfkraft der Jungspunde. Es sind die Sonntage, an denen die aufstrebenden Youngsters sechs von insgesamt sieben Kranzfesten gewannen. Am 8. Mai siegten der Berner Remo Käser am Mittelländischen, der Thurgauer Samuel Giger am Zürcher Kantonalen und der Welschfreiburger Benjamin Gapany am Genfer Kantonalfest. Die Parallelen zum vergangenen Sonntag sind verblüffend. Käser siegte diesmal am Mittelländischen, Gapany am Freiburger. Giger stand am Nordostschweizer Teilverbandsfest abermals im Schlussgang, er musste den Vortritt aber einem anderen Jungen überlassen, Armon Orlik.
Die Routiniers unter den Bösen wie Matthias Sempach, Christian Stucki, Arnold Forrer und Philipp Laimbacher hatten in dieser Saison auch schon die Nase vorn, teilweise sogar an besonders gut besetzten Festen. Aber die Schlagkraft der Jungen ist doch auffällig. Ein eindrückliches Beispiel lieferte gerade das emmentalische Gauverbandsfest vom Sonntag. Remo Käser wies zwar als Sieger kein überragendes Notenblatt vor – er stellte mit seinem einzigen eidgenössischen Gegner Thomas Zaugg -, aber in den heutigen ausgeglichenen Feldern wollen fünf Siege (vier mit Maximalnoten) zuerst erreicht sein. Die Schwingerkönige Matthias Sempach und Kilian Wenger traten zu Beginn gegeneinander an – Sieger Sempach – und bekamen es danach mit noch je einem weiteren Eidgenossen zu tun. Am Schluss landeten sie mit je vier Siegen in den hinteren Kranzrängen. Von einer königlichen Überlegenheit war nichts zu bemerken.
Müsste man schon heute Prognosen für das Eidgenössische Fest abgeben, müsste der Name Armon Orlik wohl auf jedem Tippzettel erscheinen. Auch mit seinen Gardemassen von 190 Zentimetern und 105 Kilogramm wäre der Bündner aus Maienfeld ein prädestinierter König. Das Alter von 21 Jahren wäre auch kein Hinderungsgrund. Adrian Käser, Thomas Sutter, Jörg Abderhalden, Kilian Wenger – sie alle waren nicht älter als Orlik, als sie Schwingerkönige wurden. Und wer wie Orlik Ende Juni schon vier Kranzfeste gewonnen hat, muss es sich wohl oder übel gefallen lassen, unter die Favoriten gereiht zu werden.