Autor Michael Pollan hat der industriellen Nahrung den Kampf angesagt. Seine Regeln für eine gesunde Ernährung sind witzig und im Alltag problemlos umsetzbar. Der Wissenschafts- und Umweltjournalist empfiehlt sogar Junk-Food – aber nur selbst gekochten.
Sehr geehrter Herr Pollan, Sie haben ja so recht. «Essen ist heutzutage eine komplizierte Angelegenheit geworden», schreiben Sie in Ihrem bei Kunstmann erschienenen Buch mit dem vielsagenden Titel «Essen Sie nichts, was Ihre Grussmutter nicht als Essen erkannt hätte» (auf Englisch: Food rules). Wie wahr. Abgesehen davon, dass es äusserst unterhaltsam ist, die 220 Seiten zu lesen, stimme ich Ihren Ausführungen vollumfänglich zu. Es wäre alles so viel einfacher, wenn wir uns gerade bei der Ernährung vermehrt auf unser Bauchgefühl verlassen würden. Das heisst, Distanz nehmen von der Ernährungswissenschaft, vom Jonglieren mit Nährstoffen, Kalorien und den zahlreichen Begriffen aus der Biochemie, die uns schlussendlich trotzdem im Ungewissen lassen, was wir essen sollen.
Distanz zu westlicher Ernährung
Dass Sie, Herr Pollan, sich mit dem Vorwort «für meine Mutter, die immer wusste, dass Butter besser für Sie ist als Margarine», als Butter-Liebhaber outen, finde ich schon mal mutig. Mit Butter kochen oder sich diese dick aufs Brot schmieren ist Klasse. Darf man das noch guten Gewissens? Ja. Und jetzt kommt das Aber: Man sollte sich dringend von der westlichen Ernährung distanzieren, von Nahrungsmitteln, die aus Fett- und Zuckerzusätzen, raffinierten Kohlehydraten sowie viel Fleisch bestehen und natürlich von industriell hergestellter Ware im Allgemeinen.
Wie gesagt Herr Pollan, ich mag Ihr Buch und ich bin begeistert von den Kapitelüberschriften. Zum Beispiel: «Was in allen Sprachen denselben Namen hat, ist kein Lebensmittel (Big Mac, Mars oder Pringles)», «Trinken Sie zum Abendessen ein Glas Wein» (jajaja, finde ich auch), «Meiden Sie Produkte mit Zutaten, die ein Drittklässler nicht aussprechen kann» oder: «Essen Sie keine Lebensmittel, die an Orten hergestellt wurden, an denen jeder eine Chirurgenhaube tragen muss».
Das französische Paradox
Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass sich die Franzosen relativ stur an Essenszeiten halten und jegliche Zwischenmahlzeiten vermeiden. Sie, Herr Pollan, erklären das «französische Paradox» so, dass die Franzosen als Konsumenten von reichlich gesättigtem Fett und Weissmehl (oh ja, viele ausgezeichnete Baguettes gibt es täglich in diesem wunderbaren Land) weniger auf Nährstoffe achten, sondern auf Essgewohnheiten. Also kleine Portionen ohne Nachschlag bei gemütlichen gemeinsamen Mahlzeiten in Ruhe einnehmen.
Die Regeln brechen
Sie sagen: «Essen Sie nicht allein», «Stellen Sie einen Blumenstrauss auf den Tisch und alles schmeckt doppelt so gut», «Brechen Sie ab und zu die Regeln» und «Essen Sie so viel Junkfood wie Sie wollen – solange Sie es selbst zubereiten». Danke Herr Pollan, ich nehme Ihren Rat zu Herzen. Hin und wieder ein selbstgemachter Burger muss sein. Man nehme sich die Zeit für die Zubereitung, ergänze das Fleisch aus artgerechter Haltung mit etwas frischer Rohkost und setze sich an einen Tisch. Essen sollte so lange dauern wie die Zubereitung des Essens, schreiben Sie. Mir steht der Sinn gerade nach einem Clubsandwich Freestyle. Da wir derzeit ungewollt eine nicht allzu knappe Menge an Salat verspeisen müssen – Wildschweine hatten vorgestern Nacht das Gemüsebeet umgegraben und die ausgerissenen Salatköpfe einfach liegen gelassen – gibt es zum Junkfood eine grosse Schüssel Grünzeug.
Clubsandwich Freestyle
Pro Person eine Pouletbrust von einem Schweizer Güggeli aus Freilandhaltung in zwei dünne Scheiben schneiden, nach Belieben würzen und braten. Ein paar Speckscheiben kross braten. Drei Scheiben Vollkorntoast leicht rösten. Eine rosarote Cocktailsauce anrühren mit einem Esslöffel Crème fraiche, einem Esslöffel Mayonnaise, einem Spritzer Ketchup und wenig Salz. Das gebratene Hünchenfilet auf eine Toastscheibe legen, etwas Sauce darüber geben, mit einer Tomatenscheibe, einem Salatblatt, Scheiben von einem hartgekochten Ei und dem gebratenen Speck belegen. Mit der zweiten Toastscheibe zudecken und den Vorgang wiederholen. Die dritte Toastscheibe darauf legen und wenn nötig das Sandwich mit einem langen Holzstäbchen fixieren. Quer zu zwei dreieckigen Sandwiches schneiden.