Sieben Menschen haben innert eines Jahres bei Auffahrunfällen vor dem Gotthard-Südportal ihr Leben verloren. Zuletzt starb am Mittwoch ein Aargauer Lastwagenfahrer. Im Tessin ist unterdessen die Aufarbeitung der beiden Unfälle aus dem Jahr 2016 fast abgeschlossen.
Im vergangenen Sommer wurde eine vierköpfige Familie aus Deutschland auf dem Streckenabschnitt zwischen Quinto und Airolo getötet. Sie befanden sich auf der Rückreise aus den Ferien, als ihr Fahrzeug an der Dosierstelle vor dem Gotthardtunnel zwischen zwei Lastwagen zerdrückt wurde.
Das Auto wurde dabei so stark zerstört, dass es zwischen den beiden Lastwagen kaum noch zu erkennen war. Für die beiden 43-jährigen Eltern sowie ihre beiden Töchter im Alter von 8 und 12 Jahren kam jede Hilfe zu spät.
Die Untersuchungen hätten ergeben, dass der Lastwagenfahrer nicht zu schnell gefahren sei und er auch kein Alkohol getrunken habe, teilte der Sprecher der Tessiner Staatsanwaltschaft Saverio Snider auf Anfrage mit. Warum genau der Fahrer ungebremst auf das Stauende aufgefahren sei, habe noch nicht ermittelt werden können. Der 50-Jährige könne sich an die Geschehnisse nicht mehr erinnern.
Fahrer heute im Rollstuhl
Dieser sei bei dem Unfall schwer verletzt worden. Heute sei der 50-Jährige auf einen Rollstuhl angewiesen, so Snider. Die Anklage gegen ihn werde sehr wahrscheinlich auf fahrlässige Tötung lauten. Möglicherweise könne dann jedoch der Artikel 54 des Strafgesetzbuches zur Anwendung kommen, da der Mann durch «die unmittelbaren Folgen seiner Tat» selbst schwer betroffen sei.
Ebenfalls tödlich endete im Mai 2016 ein Auffahrunfall für zwei Frauen aus Israel: Ihr Auto wurde auf dem gleichen Streckenabschnitt zwischen Quinto und Airolo gegen einen Sattelschlepper gedrückt. Damals fuhr ein 55-jähriger Autolenker aus Frankreich auf ihren Wagen in einer Kolonne auf.
Laut der Tessiner Staatsanwaltschaft sei der Mann abgelenkt gewesen, da er eine Radiofrequenz einstellen wollte. Die Anklage laute auch gegen ihn auf fahrlässige Tötung – zusätzlich werde ihm ein Verstoss gegen das Strassenverkehrsgesetz zur Last gelegt.
Warnanlage ausgebaut
Unmittelbar nach den beiden Unfällen aus dem vergangenen Sommer hatte das Bundesamt für Strassen (ASTRA) in dem betroffenen Abschnitt eine mobile Warntafel auf dem Seitenstreifen aufgestellt. So sollten alle Verkehrsteilnehmer über die genaue Staulänge auf dem Autobahnabschnitt informiert und zur Vorsicht aufgerufen werden.
Diese Massnahme sei jedoch im Nachhinein selbst als sicherheitsgefährdend eingestuft worden, sagte der Tessiner ASTRA-Sprecher Eugenio Sapia auf Anfrage.
Bis März 2017 seien deshalb neue Wechseltafelsignale für 350’000 Franken angeschafft worden, die auf einer Länge von fünf Kilometern den Verkehr regelten, so Sapia. Die Anlage mit insgesamt acht Signalen funktioniere einwandfrei und sei 24 Stunden in Betrieb.