Die französische Justiz hat ein Dekret der Stadt Nizza gekippt, das während der Fussball-WM einen «bewusst herausfordernden Einsatz ausländischer Fahnen» verbietet. Nizzas konservativer Bürgermeister Christian Estrosi will trotzdem an seinem umstrittenen Dekret festhalten.
Die sozialistische Regierung in Paris sei «unfähig», die öffentliche Ordnung sicherzustellen, donnerte Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi am Freitagabend, nachdem die französische Justiz Estrosis Fahnenverbot während der WM für ungültig erklärt hatte. Er werde einen solchen «Verlust der Autorität des Staates niemals akzeptieren», sagte der konservative Maire.
Estrosi hatte das Verbot am vergangenen Montag vor der Partie Deutschland gegen Algerien erlassen. In Frankreich, wo Hunderttausende Algerier leben, hatte es nach Spielen der algerischen Nationalmannschaft am Rande von Freudenfeiern teils heftige Ausschreitungen gegeben.
Mit dem Dekret wollte Estrosi der Polizei die Mittel geben, bei Freudenfeiern frühzeitig einzugreifen und so zu verhindern, dass diese aus dem Ruder laufen. Das Verbot sollte bis zum Ende der WM in der Innenstadt von Nizza gelten, und zwar zwischen 18 Uhr und 4 Uhr morgens.
«Lächerlich und skandalös»
Die Massnahme stiess jedoch umgehend auf Kritik. Der Sprecher der sozialistischen Regierung in Paris, Stéphane Le Foll, bezeichnete das Dekret als «lächerlich und ziemlich skandalös».
Mehrere Menschenrechtsorganisationen zogen mit Eilanträgen vor Gericht, um gegen das Dekret vorzugehen. Sie argumentierten, es sei «diskriminierend», weil es nur für ausländische, nicht aber für die französische Fahne gelte, und «unverhältnismässig».
Das Verwaltungsgericht von Nizza setzte das Dekret am Freitag vorläufig ausser Kraft, eine endgültige Entscheidung soll zu einem späteren Zeitpunkt fallen. Die Vorsitzende Richterin erklärte, es könne nicht gezeigt werden, dass die öffentliche Ordnung nicht auch mit «weniger strengen» Mitteln garantiert werden könne.
Es seien daher «ernsthafte Zweifel an der Rechtmässigkeit» des Fahnenverbots angebracht. Die Gerichtsentscheidung kam am Tag des WM-Viertelfinalspiels zwischen Deutschland und Frankreich in Rio de Janeiro.