Der Wettermoderator Jörg Kachelmann hat vor dem Bundesgerichtshof (BGH) eine Niederlage erlitten. Das Gericht in Karlsruhe wies am Dienstag seine Klage gegen die Berichterstattung des Online-Portals bild.de zu seinem damaligen Vergewaltigungsprozess zurück.
Medien dürfen demnach uneingeschränkt auch über intime Details berichten, die in öffentlich verhandelten Strafprozessen zur Sprache kommen.
Kachelmann war vor den BGH gezogen, weil er wegen der Berichterstattung von bild.de über seinen damaligen Vergewaltigungsprozess seine Persönlichkeitsrechte verletzt sah. Bild.de hatte in einem Artikel über intimste Details berichtet, die aus der Aussage Kachelmanns zur Tatnacht stammten.
Das Mannheimer Landgericht hatte diese Aussage mit der Zustimmung des später freigesprochenen Angeklagten in der öffentlichen Verhandlung verlesen. Kachelmann, dem vorgeworfen worden war, seine Ex-Freundin vergewaltigt zu haben, hatte darin detailliert den Ablauf des angeblichen Tatabends aus seiner Sicht geschildert, um sich zu entlasten.
«Schlüpfrige Details»
Weil laut BGH das Aussageprotokoll Kachelmanns durch Verlesung in die öffentliche Hauptverhandlung eingeführt worden war, durften die Medien auch einschliesslich aller schlüpfriger Details darüber berichten. Der BGH hob damit ein gegenteiliges Urteil des Oberlandesgerichts Köln auf.
Kachelmanns Anwalt Matthias Siegmann hatte bild.de vor der Urteilsverkündung vorgeworfen, die «schlüpfrigen Details» nur wiedergegeben zu haben, «um den Voyeurismus der Leser zu befriedigen».
Der Artikel habe «in keiner Weise» verdeutlicht, welche Bedeutung diese Details für die Verteidigung des damaligen Angeklagten gehabt hätten. Solch eine Darstellung lasse sich deshalb auch nicht mit dem Auftrag der Medien vereinbaren, zur Meinungsbildung der Öffentlichkeit beizutragen.
«Kerntatsachen»
Der Rechtsvertreter des beklagten Springer-Verlags, Reiner Hall, wies die Vorwürfe zurück. Es sei das Recht und die Pflicht der Medien, die breite Öffentlichkeit an der Öffentlichkeit im Gerichtssaal teilhaben zu lassen. Medien müssten die «Kerntatsachen» aus Verfahren berichten dürfen. Nichts anderes sei in dem Artikel geschehen.
Der Vorrang des Presserechts gilt laut dem Urteil allerdings nicht für die sogenannte Verdachtsberichterstattung vor einer Anklageerhebung. Medien müssten die Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten dann sehr viel mehr beachten.
Dies ergebe sich aus der vom Grundgesetz und der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannten Unschuldsvermutung und der Stigmatisierung, die durch solche Berichte entstehen könne.