In Israel gibt es doch keine vorgezogenen Neuwahlen. Die liberale Oppositionspartei Kadima schloss sich überraschend der Koalition unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an, um eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden.
Das Büro des israelischen Präsidenten Shimon Peres bestätigte am Dienstag die Absage vorgezogener Neuwahlen. Regierungschef Netanjahu habe den Präsidenten informiert, dass er eine Einigung für die Bildung einer Koalition mit der oppositionellen Kadima-Partei erzielt habe, teilte Peres‘ Büro mit.
Zuvor hatte unter anderem der öffentlich-rechtliche Radiosender Israels über den neuen Koalitionspartner berichtet. Inhaltliche Details der Koalitionsvereinbarung müssten noch abschliessend ausgearbeitet werden.
Es gebe aber eine Absprache, dass Kadima Netanjahu für Änderungen an dem Gesetz zur Militärreform unterstützt. Im Gegenzug sollen Kadima-Mitglieder Schlüsselpositionen in den Knesset-Ausschüssen für Aussenpolitik, Verteidigung und Wirtschaft bekommen.
Die Vereinbarung umfasst den Angaben zufolge zudem die Verpflichtung, den Friedensprozess mit den Palästinensern wieder anzustossen.
Ball beim Parlament
Das Parlament soll sich am Dienstag mit der neuen Regierung befassen. Netanjahu würde nun dort über eine Mehrheit von 94 von 120 Sitzen verfügen.
Die Kadima ist derzeit mit 28 Abgeordneten stärkste Kraft im Parlament. Umfragen zufolge würde sie bei Neuwahlen nur noch mit zehn Mitgliedern in der Knesset vertreten sein.
Netanjahu und Kadima-Chef Schaul Mofas verhandelten unter strikter Geheimhaltung über ihre Annäherung, während die Knesset am Montag das Gesetz zur Auflösung des Parlaments für Neuwahlen bereits in erster Lesung beschloss.
Mofas soll in Netanjahus Regierung laut israelischem Radio nun stellvertretender Regierungschef und Minister ohne Geschäftsbereich werden.
Netanjahus Koalition hatte sich wegen der Frage zerstritten, ob auch orthodoxe Juden künftig zum Militärdienst müssen. Insbesondere die säkulare Partei Unser Haus Israel von Aussenminister Avigdor Lieberman lehnt die bisherige Ausnahmeregelung für orthodoxe Juden ab.
Auch Netanjahu befürwortet deren Abschaffung, traf damit aber bei seinem anderen Koalitionspartner, der ultraorthodoxen Schas-Partei, auf Widerstand.